Wohnungsbau und Baugrundstücke in Ulm, Neu-Ulm und den Ortsteilen

  • Das hat gar nix mit Konspiration zu tun, sondern hat einfache Mechanismen zur Grundlage. Die Baubranche ist ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor. Mehr als 10% des BIPs gehen allein da rein, wichtig also für Wirtschaft und Politik, dass es da rund läuft. Gleichzeitig gibt es eine Klimadebatte, die eigentlich die erheblichen Umweltprobleme der Baubranche fokussieren müsste, vielleicht sogar den Neubau in sich gefährdet. Die Politik braucht Erfolge, in Unserem Wirtschaftssystem heißt das Wachstum. Was liegt also näher als dass solche Grundbedingungen dazu führen, dass die Politik auch verfehlte Politik auf ,,zu starkes Wachstum" schiebt, dass die Baubranche ständig bemängelt, es wird zu wenig gebaut, und die Verfahren dauern zu lange, und dass die Medien diese ganzen Aussagen relativ unhinterfragt übernehmen, weil zum einen das Regionalsegment journalistisch ausgehungert ist, genaue Erhebungen fehlen, aber auch, weil es Anreize gibt jetzt nicht alles in Grund und Boden zu kritisieren auf Lokalebene.

    Du hast natürlich recht, und damit hast Du es natürlich auch sehr leicht hier die Zahlen anzugreifen, denn eine generalisierende Aussage ist unglaublich schwierig, zu komplex sind die verschiedenen Wechselwirkungen, zwischen Zuzug, Anmeldungen von Wohnsitzen, Erfassung von Wohnraum usw.

    Aber man sollte schon auch zugestehen, dass es Indizien gibt, die meine These wahrscheinlich machen. Nicht nur die, dass die durchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner steigt. Auch gibt es Zahlen aus anderen Bundesländern, die besagen, dass in den letzten 30 Jahren mehr als 50% des gesamten Immobilienbestandes in den Städten und Großstädten neu gebaut wurde. Das sind zwar Ostbundesländer, die nach der Wende natürlich nochmal einen deutlich heftigeren Wandel durchlebt haben, aber schon allein wenn man den Flächenverbrauch sich anschaut, kann es auch in Ulm nicht so viel weniger sein. Wo sind denn in Ostdeutschland 50% der Bevölkerung neu dazugewachsen frage ich mich? Es gibt auch noch mehr Zahlen, die weiter dem Bild eines Immobilienneubaumangels Risse versetzen, ich möchte nur nicht hier anstrengend zu lesende 50 Zeiler verfassen, aber ich setze gerne diese Debatte fort mit den entsprechenden Zahlen.

    Die Nachfrage nach Wohnraum hat sich verschoben. Vor Covid drängte es die Menschen in die Städte und das Land verödete. Seit Corona gibt es eine leichte Verschiebung weil es dank HomeOffice egal ist, wo man wohnt (Arbeitsweg). Wieviel Wohnraum wurde denn abgerissen, also ersetzt?

  • Die Nachfrage nach Wohnraum hat sich verschoben. Vor Covid drängte es die Menschen in die Städte und das Land verödete. Seit Corona gibt es eine leichte Verschiebung weil es dank HomeOffice egal ist, wo man wohnt (Arbeitsweg). Wieviel Wohnraum wurde denn abgerissen, also ersetzt?

    Hier ich habe eine entsprechende Visualisierung des Datensatzes gefunden:

    Die geringen Prozentzahlen der vorherigen Jahrzehnte deutet meiner Meinung darauf hin, dass vieles auch Ersatzneubau ist. Das würde auch dazu passen zum Eindruck in Ulm z.B., wo natürlich nicht 50% der ursprünglichen Stadtfläche von 1990 mittlerweile weiter zugebaut sind, sondern vielleicht so 30%, vielleicht etwas mehr, so von den Satellitendaten geschätzt. Aber Ersatzneubau heißt ja auch meist Erweiterung/Intensivierung.


    Entsprechend stellt sich die Frage, ob Ersatzneubau meine These widerlegt? Ich möchte ja schließlich damit ausdrücken mit der Zahl, dass wir hier in Deutschland in absurd schnellem Maße neu bauen. Die Zahl besagt ja, dass man dann in 60 Jahren den kompletten Häuserbestand bei diesem Tempo neu dastehen hätte. Das ist doch Wahnsinn, oder? Häuser sollten ja auch im Idealfall mindestens 100 Jahre halten, d.h. entweder werden dann also Häuser zu früh abgerissen und neugebaut, was womöglich Resultat der zu hohen Preise ist, und damit Spekulation, oder eben nicht gerade dem Bevölkerungswachstum entsprechend zugebaut.


    Das ist doch hier überhaupt die grundsätzliche Debatte, und ich nehme an, dass es deswegen auch manche gibt, die auf solche Gedanken allergisch reagieren. Die Frage ist im Kern, gibt es eine Immobilienblase oder nicht. Und da in Deutschland 51% der Menschen Immobilienbesitz haben, ist eine völlig unvoreingenommene Debatte nicht so einfach. Viele wollen es auch einfach nicht hören diese Möglichkeit.

  • Ich gebe zu, dass ich deinen Thesen nur bedingt folgen kann - also im Sinne von nachvollziehen. Quantitativ-qualitativ erhobene Daten und Beobachtungen werden mit Wertungen und Thesen vermengt. Das ist ein intensiver Argumentationsstil, der leider viele abhängt - und dann erledigt sich eine (in einem Bauforum in jedem Fall genau richtig aufgehobene) Grundsatzdebatte mangels Teilnehmern von alleine. Insofern: Ja, 50-Zeiler in diesem Stil wären tatsächlich nicht sonderlich diskussionsförderlich. Man hat auch eine gewisse Verpflichtung, die eigenen Argumente so weit zugänglich zu machen, dass andere darauf einsteigen können.


    Ich weiß zum Beispiel nicht, was mir selektiv herausgegriffene, aggregierte Daten aus ostdeutschen Städten sagen sollen, zumal auf dem Screenshot eine erklärende Legende fehlt. Inwieweit sind die Angaben für Dresden und Magdeburg für dich aussagekräftiger als die Angaben etwa für Gera, Jena, Erfurt, und Halle/Saale? Preist du die ostdeutsche Baugeschichte der Nachkriegszeit und die Zäsur der Wende angemessen ein? Inwieweit kannst du daraus etwas ableiten für die spezifische Situation in Ulm?

  • Ich weiß zum Beispiel nicht, was mir selektiv herausgegriffene, aggregierte Daten aus ostdeutschen Städten sagen sollen, zumal auf dem Screenshot eine erklärende Legende fehlt. Inwieweit sind die Angaben für Dresden und Magdeburg für dich aussagekräftiger als die Angaben etwa für Gera, Jena, Erfurt, und Halle/Saale? Preist du die ostdeutsche Baugeschichte der Nachkriegszeit und die Zäsur der Wende angemessen ein? Inwieweit kannst du daraus etwas ableiten für die spezifische Situation in Ulm?

    Legitime Fragen, bei denen ich zugeben muss, dass ich da einige Gedankengänge übersprüngen habe, was ich hier gerne nachhole:

    Es ist ein Verlegensheitskniff, weil ich nicht die entsprechenden Daten aus Ulm habe, bzw. meiner Kenntnis nach diese nicht erhoben sind. Relevant sind eigentlich nur die Prozentzahlen, welche in 20-30 Entstehungsjahresschritten die Bausubstanz als Anteil der Gesamtsubstanz angeben. Die beiden Städte sind willkürlich, da nahezu alle der links abgebildeten Städte einen Anteil um die 50% an Neubau der letzten 30 Jahre aufweisen. Das hat mich in meinem Ansatz veranlasst anzunehmen, dass es nicht überwiegend lokale Faktoren sind, die hierbei eine Rolle spielen. So kann man ja z.B. sehen, dass der teils drastisch unterschiedliche Grad an Kriegszerstörung nicht zu einer völlig anderen Verteilung führt des Neubaus der letzten 30 Jahre. Aber nein, ich kann nicht sicherstellen, dass die Wende in meinem Beitrag ausreichend berücksichtigt ist, ich habe nur eine sehr grobe Validierungsmethode verwendet (Satellitenmaterial von 1986 zu 2020) unter der Annahme, dass reiner Neubau hauptsächlich auf Wiesen um die Stadt herum entstehen.

    Ob die Daten aber tatsächlich auf Ulm übertragbar sind, könnte ich wohl nur beweisen, indem ich mich hinhocke und wirklich jedes Viertel durchgehe Haus für Haus.


    Es gibt aber ja nicht nur den Weg einer Validierung, sondern einer Falsifizierung. Insofern ist jeder hier eingeladen Zahlen oder Daten zu liefern, die den gängigen Erklärungen folgen und für einen gesunden Markt sprechen. Da wäre z.B. die Leerstandquote interessant. Ist sie seit dem Zensus gefallen? Ich konnte keine Zahlen finden. Oder Zahlen, die darlegen, dass Wohnungen und Häuser in immer kleinere Einheiten unterteilt werden zur Vermietung. Das würde für eine überhohe generelle Nachfrage sprechen bei zu wenig Neubau. Ich vermute aber, das wird dann ähnlich wackelig herauskommen wie meine Indizienlage.

    Das Problem ist ja auch, und das hat mundm dankenswerterweise eigentlich indirekt herausgearbeitet, dass viele beobachtete Vorgänge Preisreaktionen sind. Dabei weiß man aber eben nicht, ob es tatsächlich ein hoher Preis ist aufgrund von Nachfrage, die durch Menschen kommt, die in Ulm wohnen und arbeiten wollen, oder ob die Übernachfrage von Menschen kommt, die Geldanlagen suchen und finden und Wohnungen auch leer stehen lassen können, wegen des relevanten Wertzuwachses bzw. eine Vermietbarkeit vortäuschen für den Bausektor, der an solche Besitzer zwar immer schnell und gut verkaufen kann, aber nichts darüber erfährt, ob dann auch die erhoffte Vermietung mit den entsprechenden Mieteinnahmen realsisiert wird. Manche Banken und Zentralbanken gehen in Deutschland auch von Blasenbildung aus, und die haben eine bessere Datengrundlage als ich. Aber das ist jetzt natürlich auch wieder unspezifisch zu Ulm diese Information.

  • Weil Wir es gerade hier zum Thema hatten, prompt ein frischer Artikel, Schlagzeile:

    Zitat

    Bis zu 500 000 Wohnungen für geflüchtete Ukrainer nötig

    Deutschland benötige deshalb schon bald bis zu 500 000 zusätzliche Wohnungen - zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag des Spitzenverbandes der Immobilienwirtschaft ZIA, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

    Auch im Artikel:

    Zitat

    Etwa eine Million Wohnungen stehen demnach leer, allerdings nicht in den auch bei vielen Flüchtlingen begehrten Großstädten.

    Und der Staat hört den Ruf, wird wohl Milliarden zur Verfügung stellen, und u.a. 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr mehr bauen als bisher.


    Wieder ein Beispiel, wo die Immobilienwirtschaft Druck auf den Kessel bringt, die Politik gerne sich einklinkt und alles unkritisch so veröffentlicht wird. Aber zurück zu Ulm, vielleicht können Wir hier von der verstärkten Unterstützung für den Sozialwohnungsbau auch profitieren. Ich hoffe jedoch man zieht nicht schnell irgendwelche Sozialsiedlungen hoch, die zu einem sozialen Brennpunkt werden, wenn dann viele Geflohene in ihre Heimat zurückgekehrt sind, und die Wohnungen nicht mehr von breiten gesellschaftlichen Schichten bewohnt werden. Gut wäre eine räumliche Verteilung über die Stadt hinweg.

  • Als weiteren Sachbeitrag verlinke ich auf die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung zur Wohnungsdebatte 2022, die am 30.03.2022 im Gemeinderat geführt wird und in der Bürgerinfo zu finden ist. Leider fehlt mir die Zeit zur Auswertung, aber das ausführliche und zentrale Dokument "Anlage zu GD 026-22" ist sehr lesenswert. Eine kleine Auswahl an bemerkenswerten Informationen:

    • Das 5-Jahres-Ziel für den Zeitraum 2017-2021 in Höhe von 3.500 WE wird mit rund 2.500 WE nur zu rund 70 Prozent erreicht. Davon entfallen rund 440 WE auf EFH (nur 2017-2020).
    • Die Bevölkerungsvorausrechnung berägt im mittleren Fall für das Jahr 2035 rund 143.400 Einwohner (aktuell: rund 127.000 Einwohner). Der untere Fall beträgt rund 139.500 Einwohner, der obere Fall 147.200 Einwohner.
    • "Die Preissteigerungen von 2009 bis 2019 liegen beim Neubau bei ca. 111 % und bei Bestandswohnungen im Verkauf bei ca. 122 %." (Wenn ich mir überlege, wie man sich gerade mit Subventionsideen für temporäre Treibstoffpreiserhöhungen überbietet...)
    • Größere Vorhaben im Innenbereich bis 2035 sind:
      • Magirus-Brandschutz-Areal
      • Abstellgruppe Ost ("Gleisharfe")
      • Stockmahd
      • Bleidornkaserne
      • ggf. K3 (SWU)
      • ggf. Blautalcenter-Areal
    • Die Außenentwicklung der Kohlplatte wird als langfristiges Planungsziel bezeichnet.
    • Ab 2030 könnten mögliche Entwicklungsflächen für die Innenentwicklung langsam knapp werden.
    • Die Richtlinie zur Förderung von preisgünstigem Wohnraum sollen deutlich verschärft werden:
      • Geltung im gesamten Stadtgebiet ab 700 m² BGF (bislang: auf städtischen Flächen ab 1.000 m² BGF, auf privaten Flächen ab 3.000 m² BGF)
      • Verpflichtung ab dem Zeitpunkt der Grundstücksoptionierung (städtische Flächen) bzw. zum Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplans (private Flächen; bislang: Stichtag des Grundstückskaufvertrags, womit zahlreiche aktuelle Projekte noch vor die aktuellen Richtlinien fallen - wird künftig unterbunden).
      • Verpflichtung zur Bindung als geförderter Wohnraum für 15 Jahre (bislang keine Bindung)
    • Bei der UWS sind 3.633 Interessent/innen verzeichnet, Tendenz seit Jahren steigend. "Die Gründe für die Wohnungssuche haben sich z.T. deutlich verändert. Nach wie vor ist eine zu kleine Wohnung der wichtigste Grund für die Suche. Deutlich erhöht hat sich der Anteil an Interessenten mit dem Wunsch nach der Gründung eines eigenen Haushalts (Single) oder einer Familie".
    • Für den nächsten 5-Jahres-Zeitraum 2022 bis 2026 werden rund 3.500 WE veranschlagt, davon rund 260 WE in EFH. Das Verhältnis Innenentwicklung zu Außenentwicklung soll bei rund 9:1 liegen.
    • Die herausragendste Vorhaben in Nachbarkommunen sind das interkommunale Wohngebiet "Oberer Scheibenberg" in Blaustein, das auf 20 ha WE für rund 2.300 Personen bereitstellen soll, sowie Dornstadt mit rund 1.000 WE zwischen 2022 und 2032, davon 800 WE in den "Dornstädter Höfen". (Speziell für Dornstadt wäre eine deutlich verbesserte ÖPNV-Verbindung absolut angezeigt...)
    • Die Richtlinie zur Förderung von preisgünstigem Wohnraum sollen deutlich verschärft werden:
      • Geltung im gesamten Stadtgebiet ab 700 m² BGF (bislang: auf städtischen Flächen ab 1.000 m² BGF, auf privaten Flächen ab 3.000 m² BGF)
      • Verpflichtung ab dem Zeitpunkt der Grundstücksoptionierung (städtische Flächen) bzw. zum Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplans (private Flächen; bislang: Stichtag des Grundstückskaufvertrags, womit zahlreiche aktuelle Projekte noch vor die aktuellen Richtlinien fallen - wird künftig unterbunden).
      • Verpflichtung zur Bindung als geförderter Wohnraum für 15 Jahre (bislang keine Bindung)

    Interessant: Per Bürgerinfo hat der Gemeinderat beschlossen, die Richtlinie über den Vorschlag der Verwaltung hinaus noch weiter zuzuschärfen. Statt 30 Prozent gefördertem Wohnraum und einer Bindung über 15 Jahre wurde 40 Prozent und eine Bindung über 25 Jahre beschlossen.

  • Statt [...] einer Bindung über 15 Jahre wurde [...] eine Bindung über 25 Jahre beschlossen.

    Das halte ich für elementar wichtig. Es verhindert -so meine Vermutung-, dass Schund gebaut wird, und dass Gebäude frühzeitig verkauft werden, was zu einer besseren Pflege der Immobilien beiträgt. Denn: Wann wäre es wohl vernünftig ein Haus abzustoßen als Investor? Natürlich bei Wegfall der Bindung, denn darauf folgend steigt der Wert der Immobilie nochmal.

    Durch je weniger Hände eine Immobilie geht, so mein Eindruck, desto besser für Stadt, Haus und Bewohner.

  • Ulm steuert auf 150 000 Einwohner zu: Wie die Stadt die Wohnungsnot lösen will [Schwäbische+]

    Zitat

    Die Mieten steigen, die Zahl der Wohnungen in Ulm reicht nicht aus, die Nachfrage ist immens. Und die Stadt wird weiterwachsen, Prognosen zufolge auf möglicherweise mehr als 147 000 Menschen im Jahr 2035. Wo sollen die wohnen, wie können die Mieten bezahlbar bleiben? Jetzt gibt es einen Werkzeugkasten für die nächsten Jahre.


    Daraus zum Thema des geförderten Wohnraums, der "verhältnismäßig wenig" kosten soll:

    Zitat

    Aber was heißt schon verhältnismäßig wenig? Andreas Krämer, Leiter der Abteilung Soziales, gab ein Beispiel: ein Schreiner und eine Erzieherin, zwei Kinder, rund 3900 Euro Netto-Einkommen im Monat. Ein Drittel der finanziellen Mittel könne fürs Wohnen ausgegeben werden, also rund 1300 Euro. Und bei einer alleinerziehenden Erzieherin blieben dafür sogar bloß 700 Euro. So oder so: Es geht nicht bloß um die ärmsten, sondern um einen großen Teil der Bevölkerung. Wie viele Wohnungen sollen künftig für diese Menschen reserviert werden?

    Ich denke, das ist zur Einordnung recht wichtig.

  • Das halte ich für elementar wichtig. Es verhindert -so meine Vermutung-, dass Schund gebaut wird, und dass Gebäude frühzeitig verkauft werden, was zu einer besseren Pflege der Immobilien beiträgt. Denn: Wann wäre es wohl vernünftig ein Haus abzustoßen als Investor? Natürlich bei Wegfall der Bindung, denn darauf folgend steigt der Wert der Immobilie nochmal.

    Durch je weniger Hände eine Immobilie geht, so mein Eindruck, desto besser für Stadt, Haus und Bewohner.

    Die großen Bauträger in der Region sind dementsprechend nicht sonderlich begeistert vom Beschluss - weil sie fürchten, dass die Objekte nicht mehr so attraktiv für Investoren sein könnten:


    Bauträger fürchten: Weniger Wohnungen, höhere Mieten [SWP+]

    Zitat

    Die Beschlüsse des Ulmer Gemeinderats zum Wohnungsbau stoßen auf scharfe Kritik von Bauträgern. Sie halten die Vorgaben für falsch und kontraproduktiv.


    Fördern statt bremsen – Leitartikel zur höheren Sozialquote [SWP+]

    Zitat

    Fehlende günstige Wohnungen, steigende Mieten: Den Wohnungsmarkt darf man nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen. Dennoch bleiben Zweifel an den jüngsten Ulmer Beschlüssen zum Wohnungsbau, meint Chirin Kolb.

    Ich bin da sehr entspannt. Die Renditen sind sehr kommod im Wohnungsbau, und das werden sie auch bleiben - Preissteigerungen hin oder her. Für die teilweise im Artikel vorgebrachten Argumente, das doch dem Markt zu überlassen und über Angebot und Nachfrage zu regeln, habe ich angesichts des offensichtlichen Marktversagens in diesem Sektor keine Sympathie. Überspitzt formuliert liegt mir das Wohl der Ulmer Mieterinnen und Mieter mehr am Herzen als die Interessen niederländischer Pensionsfonds. Wir werden ja sehen, ob das Interesse der Bauträger wirklich zurückgeht :).


    Im Übrigen erwarte ich durchaus einige kleinere Gaunereien. Die Regelung greift ab einer Bruttogeschossfläche von 700 Quadratmetern - vielleicht gibt es ja in Zukunft das ein oder andere Projekt, das zufällig und plötzlich in zwei oder drei Projekte à 650 Quadratmeter zerfällt...

  • Grüne fordern: Weniger Autos, höhere Häuser [SWP+]

    Zitat

    Die Diskussion um die Kohlplatte war der Auslöser. Wie soll die Stadtentwicklung in Zukunft aussehen? Welche Anforderungen an Baugebiete soll es geben, wie sollen die Menschen in Ulm künftig wohnen? Die Grünen-Fraktion hat diskutiert und ihre Vorstellungen in einem Grundlagenpapier aufgeschrieben. Es geht ums Konkrete, vor allem aber ums Übergeordnete, sagt Stadträtin Lena Schwelling. Sie meint festgestellt zu haben: „Es gibt eine Sehnsucht unter den Ulmerinnen und Ulmern nach den großen Linien für die Stadt, nach Visionen.“

    Das Papier lässt sich hier finden. An sich pflege ich eine gewisse Zurückhaltung, was bei der Verlinkung von Positionen einzelner Kommunalparteien angeht, aber die Initiative einer stadtweiten Debatte finde ich gut - es wäre schön, wenn weitere Parteien im Gemeinderat ähnliche Grundsatzpapiere entwickeln würden; die nächsten Gemeinderatswahlen finden 2024 statt, die Zeit ist also reif für die Entwicklung von Programmen für die zweite Hälfte der 2020er.


    Allerdings: Die Überschrift des SWP-Artikels ("Weniger Häuser, höhere Häuser") halte ich für unzulässig verknappt. Den interessantesten Punkt finde ich die Forderung nach einer weitergehenden Dezentralisierung der Stadt und der Förderung eigenständigerer Stadtteilidentitäten.


    Natürlich gibt es das schon mit allerlei auch gesetzlichen Vorgaben zur Nahversorgung oder auch dem Sozialraummanagement, und für eine richtige Dezentralisierung ist Ulm sicherlich auch zu klein - aber es macht schon einen Unterschied, ob man in den Stadtteilen einfach Infrastruktur herstellt oder sie - soweit es geht - als sich zumindest teilweise selbst genügende/versorgende eigene Siedlungen wahrnimmt. Bei der Kohlplatte etwa geht es um einen Lebensraum für 5.000-6.000 Einwohner, was auf dem Land schon eine sehr propere eigene Landgemeinde wäre. Plant man das, was so eine Siedlung braucht, auch in der Siedlung ein?

  • Im Übrigen erwarte ich durchaus einige kleinere Gaunereien. Die Regelung greift ab einer Bruttogeschossfläche von 700 Quadratmetern - vielleicht gibt es ja in Zukunft das ein oder andere Projekt, das zufällig und plötzlich in zwei oder drei Projekte à 650 Quadratmeter zerfällt...

    Was durchaus aber wiederum für die Gemeinschaft auch einen Vorteil hätte, denn kleinteiligere Projekte können selbst bei einfacherer Gestaltung lebendiger und besser proportioniert wirken. Viele unterschätzen ja diesen Faktor, würden wohl sagen, ja aber grünstiger Wohnraum ist ja wohl wichtiger als Stadtraumgestalt. Aber gerade Ulm mit seinen in altstadtnähe errichteten Giebelhäusern zeigt doch die massive Wirkung, und den Vergleich hat man gleich auch, sieht man sich dann die (zwar aufwendige aber) riesige Fassade der Stadtsparkasse beispielsweise an. In diesem Sinne hätten es sogar weniger als 700qm sein dürfen, aber mal sehen, ob der Mechanismus überhaupt so auftreten wird und bedacht wurde.

    Allerdings: Die Überschrift des SWP-Artikels ("Weniger Häuser, höhere Häuser") halte ich für unzulässig verknappt. Den interessantesten Punkt finde ich die Forderung nach einer weitergehenden Dezentralisierung der Stadt und der Förderung eigenständigerer Stadtteilidentitäten.

    Das halte ich für katastrophal für Ulm. Dezentralisierung über das Grundversorgerniveau von heute zu fordern in einer Stadt, die vorangig aus einer ehemals mittelalterlichen Kernstadt lebt, und auch seine Infrastruktur entsprechend danach errichtet hat, derart umzubauen, gleicht einem Strukturverlust. Ich habe das bereits bei dem Thema Straßenbahnen erläutert, diese braucht eine möglichst flachen hochliegenden Dichtegradienten, weshalb mehr Linien im Inneren verkehren und dann nach außen an Dichtekorridoren sich ziehen können als z.B. ein Ringschluss außenherum. Ausnahmen können dann solche starken Subzentren sein, die jedoch, siehe Kohlplatte, eine Wirtschaftlichkeit immer noch vor besondere Herausforderung stellt. Die Synergie ist einfach minimal, wenn es quasi nur eine Verbindungsstrecke zwischen Anfangs- und Endpunkt der Trasse ist.

    Auch leidet die Stadtstruktur erheblich. Schon Böfingen stellt genau so eine Anomalie dar. Das wollen die Grünen nun wohl wiederholen. Auf Neu-Ulmer Seite hat man durch solche extremen Dichteinkonsistenzen unter anderem es bisher noch zu keiner in irgendeiner Weise befriedigenden Nahverkehrsstruktur gebracht. Vom Stadtbild ganz zu schweigen.

    Mit ihrer Vorstellung von bis zu 7 Stockwerken gehen sie an den unteren Rand der Hochhausschwelle. Das mag viele ja beruhigen, mich nicht. Schon die wenigen Höhensolitäre, die es im Umfeld der Altstadt gibt, haben beträchtlich das Bild verunklart. Das sind soweit ich weiß, (Donaucenter und Maritim ausgenommen) keine offiziellen Hochhäuser. Nachverdichtung ist gut (hier gefällt mir die Idee von systematischen Aufstockungen), aber bitte nicht in Form von starken Höhensprüngen und oder dezentralisierten Hochinseln am Ortsrand.

    Ich möchte auch noch einen weiteren Widerspruch aufzeigen. Wenn man schon die Versprechen einer zusammenwachsenden Stadt und den von Identitätspunkten in der Peripherie nicht einhalten wird können: Die Konzeptentwerfer haben nicht verstanden, dass die Ortsteile nicht umsonst als eine Stadt sich entwickeln. Eigenheit bedeutet Eigenständigkeit. Aber schon die Handelsstruktur gibt hier enge Grenzen, das spüren sogar dutzende Kilometer entfernt liegende Gemeinden. Für eine Grundverorgung, ja, da gibt es die Möglichkeit Schwerpunkte vor Ort zu bilden. Aber für jedes Spezialangebot ist es bereits attraktiver in das überörtliche Zentrum zu ziehen. Das ist ökonomisch und sogar ökologisch maximal effizient, da die Wege ins Ulmer Altstadtzentrum im Durchschnitt aus allen umliegenden Orten am kürzesten und ökologischsten zu erreichen sind. Was bleibt dann überhaupt für Eigenheit den Ortsteilen, außer solche genannten Verdichtungsschwerpunkte von Wohnraum? Woher soll die Identifikation denn kommen? Die im Papier genannten Beispiele sind entweder schon dezentral organisiert (Schulen z.B.), oder bieten sich nicht an. Wer z.B. zu einer Behörde muss von Söflingen aus wird sich bedanken, wenn er dann statt ins Zentrum nach Böfingen in ein Subzentrum fahren darf (angesprochene Ineffizienz).

  • Wie Wohnraum für wirklich alle entstehen könnte [SWP+]

    Zitat

    Gerade mal sechs Wochen ist es her, da haben die Ulmer Grünen ein „wunderschönes Papier“ zur Stadtentwicklung vorlegt. Das sagt, mit einem Schmunzeln, kein anderer als Reinhold Eichhorn, der Vorsitzende der FWG-Fraktion im Ulmer Gemeinderat. Er hat nun am Donnerstag mit seinen Fraktionskollegen ein „Positionspapier Wohnbau“ präsentiert. Die vier Seiten sind aber keine Retourkutsche, die Ursache geht tiefer: Die FWG war zuletzt im Gemeinderat und im Bauausschuss mit einigen Entscheidungen „nicht so einverstanden“. Nun will man den Bürgern deutlich machen, für was man steht.

    Nicht einverstanden war man unter anderem mit der Anhebung der Sozialbauquote auf 40 Prozent über 25 Jahre sowie der Entscheidung, am Hermannsgarten nur Geschosswohnungsbau zu realisieren. Die FWG legt dagegen mehr Gewicht auf Eigentumsbildung in EFH-Bereich. Nachlesen lässt sich das Papier online.

  • Nicht einverstanden war man unter anderem mit der Anhebung der Sozialbauquote auf 40 Prozent über 25 Jahre sowie der Entscheidung, am Hermannsgarten nur Geschosswohnungsbau zu realisieren. Die FWG legt dagegen mehr Gewicht auf Eigentumsbildung in EFH-Bereich.

    Klientelpolitik der Seflenger Rettichbauern halt...

  • Stadträte lehnen Baugebiet mit 180 Wohnungen ab [SWP+]

    Zitat

    Keine Mehrheit für den einen Vorschlag, keine Mehrheit für den anderen: Über welchen Antrag auch immer abgestimmt wurde, am Ende stand es im Bauausschuss des Ulmer Gemeinderats 6:6. Stimmenpatt – und damit waren beide Konzepte für die Bebauung des Gebiets Eschwiesen III in Wiblingen abgelehnt. Dort sollten 180 Wohneinheiten entstehen, oder noch ein paar mehr.

  • Deutlich weniger Wohnungen: Zahl der Neubauten stark rückläufig [SWP+]

    Zitat

    Die gute Nachricht zuerst: Im Jahr 2023 werden in Ulm wieder viele neue Wohnungen fertiggestellt. Mehrere hundert sind bereits im Bau oder wurden in den vergangenen Jahren genehmigt. Doch dann geht es bergab. Die Krise im Wohnungsbau schlägt auch auf Ulm durch. Bauträger und private Bauherren zögern mit neuen Projekten und legen bereits geplante auf Eis.

  • Nachtrag einer schon einige Wochen alter Meldung:


    Neue Ideen für den Wohnungsbau [SWP+]

    Zitat

    Um dem Fachkräftemangel zu begegnen und die Wirtschaftskraft des Standorts Ulm zu sichern, spiele der Wohnungsbau eine wichtige Rolle, meinen die Fraktionen von Grünen und SPD. In einem gemeinsamen Antrag setzen sie sich für den Bau von Werkswohnungen ein. Unternehmen sollten diese Wohnungen ihren Beschäftigten zur Verfügung stellen. „Ziel ist es, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine bezahlbare Wohnmöglichkeit in der Nähe des Arbeitsplatzes zu bieten“, schreiben Annette Weinreich, Banu Öner, Martin Ansbacher und Martin Rivoir. Sie berufen sich auf Gespräche mit Unternehmen, die gezeigt hätten, „dass in der Konkurrenz um Fachkräfte die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum ein entscheidender Faktor sei, um qualifizierte Kräfte aus anderen Regionen Deutschlands als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen“.

    Der Vorschlag läuft darauf hinaus, dass die Verwaltung ein Konzept für ein Wohnungsbauvorhaben auf einer städtischen Fläche erstellt, das dann im Erbbaurecht von einem Unternehmen oder einem Dienstleister (für ein Unternehmen) realisiert wird.


    Ich war da zuerst etwas skeptisch: An sich mangelt es mit kommunalen (UWS), genossenschaftlichen (heimstätte, BSG Aufbau,...) und freien Bauträgern ja nicht unbedingt an Akteuren im Wohnungsbau, sondern an Fläche. Aber vor dem Hintergrund der Zinsentwicklung, die - siehe Artikel direkt darüber - bereits jetzt einige Vorhaben massiv ausbremst oder sogar zur Disposition stellt, könnte doch etwas dran sein. Für Unternehmen, die auf neue Arbeitskräfte angewiesen sind, würde die Rentabilität von solchen Projekten zwar sicherlich auch eine Rolle spielen - aber mutmaßlich keine ganz vorrangige, wenn man sie als Investment versteht. Wer mit einer auf diese Weise gewonnenen Fachkraft mehr Umsatz generieren kann, kann auch mit einer schwarzen oder leicht roten Null in der Vermietung leben. Für die Stadt hätte es den Vorteil, mit der Konzeptionierung gleich die richtigen städtebaulichen Vorgaben machen zu können.


    Insofern: Kann man mal diskutieren, auch wenn man damit - realistischerweise - keinen ganz großen Unterschied ausmachen wird:


    Nicht zu viel erhoffen – Kommentar zu Werkswohnungen [SWP+]

    Zitat

    Der Vorstoß, Werkswohnungen zu bauen und so einen Beitrag gegen den Fachkräftemangel zu leisten, ist gut. Entlastung für den Wohnungsmarkt wird er aber kaum bringen, meint Chirin Kolb.

  • Neu:


    Kompromiss beim umstrittenen Baugebiet Eschwiesen in Sicht [SWP+]

    Zitat

    Das Gebiet Eschwiesen 3 umfasst knapp drei Hektar. Es wird über den Wiblinger Ring erschlossen und grenzt östlich von Aldi an den vorigen Abschnitt an. Auf einer Grünfläche Richtung Querspange sollen demnach zwei zusätzliche Mehrfamilienhäuser entstehen. Die von der FWG gewünschten Tiny Häuser wurden komplett gestrichen. Insgesamt steigt die Zahl der Wohneinheiten von rund 180 auf knapp 230.