Stadtgespräche Ulm

  • Millionenschaden nach Großbrand bei Jehle: Ein Wiederaufbau wird angestrebt [NUZ]

    Zitat

    Der Großbrand am Freitagabend beim Elektrofachgeschäft Jehle in der Blaubeurer Straße in Ulm hat einen Millionenschaden angerichtet. Rund 160 Kräfte von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst waren im Einsatz. Zwar konnte ein Großteil gegen Mitternacht den Einsatzort verlassen. Beendet waren die Löscharbeiten jedoch erst gegen Samstagmittag. Derweil hat unsere Redaktion aus Firmenkreisen erfahren, dass am Tag nach dem verheerenden Feuer alle Überlegungen in Richtung Wiederaufbau des alteingesessenen Fachgeschäftes gehen.

    Natürlich eine sehr dramatische Geschichte, die zum Glück keine Todesopfer oder schweren Verletzungen nach sich zog.


    Aber da es wohl bereits seitens des Unternehmens der NUZ-Redaktion gegenüber angesprochen wurde: Es wird bereits an einen Wiederaufbau gedacht, und der kann dem Areal städtebaulich nur gut tun. Es liegt ohnehin innerhalb des Umgriffs des Bebauungsplans für den Gewerbepark Blaubeurer Straße (MOCO-Areal) und soll künftig rückwärtig neu erschlossen werden, womit sich für den schmalen Grundstücksstreifen eine günstige Lösung aufdrängt: Zur (großen) Blaubeurer Straße der ansehnliche Neubau, zur rückwärtigen Erschließungsstraße hin Parkplätze und Ladezonen.

  • Aus aktuellem Anlass: Die Basketballer von ratiopharm ulm sind gestern zum dritten Mal in ihrer Vereinsgeschichte nach 2012 und 2016 ins Finale der Basketball-Bundesliga eingezogen. Da ich schon in Kuhbergzeiten dabei war, habe ich die Uhr im Kopf ein bisschen zurückgedreht... die Organisation hat in relativ kurzer Zeit einen ziemlich beeindruckenden städtebaulichen Fußabdruck in der Doppelstadt hinterlassen. Ohne den Nachdruck der Basketballer gäbe es weder die ratiopharm arena noch den Orange Campus. Wenn man dann eben zurückdenkt, wo man vor fünfzehn Jahren stand, ist das schon sehr respektabel.


    Bin mir auch sicher, dass in dieser Hinsicht noch mehr geschehen wird. Beim Orange Campus etwa war ja ursprünglich mal ein Gebäude mit Wohnungen für (Nachwuchs-) Spieler angedacht, das dann aber irgendwann wegrationalisiert wurde. Ich kann mir vorstellen, dass als nächstes dieses Idee wiederbelebt wird: Der Verein setzt ja sehr auf Nachwuchsausbildung einschließlich der Anwerbung von Top-Talenten aus dem europäischen Ausland - mit Erfolg, in den letzten drei Jahren wurden zwei Spieler, die wenigstens ein Jahr durch das Ulmer Programm liefen, in der NBA gedraftet, was natürlich auch entsprechende Aufmerksamkeit generiert. Ein attraktives Internatsgebäude in der Nähe des Orange Campus würde sich als Werbung gut machen.

  • Der Fachbereichsausschuss für Stadtentwicklung, Bau und Umwelt tritt am 18.07.2023 zum letzten Mal vor der Sommerpause zusammen - und unter Tagesordnungspunkt 18 im öffentlichen Teil wird folgender Gegenstand aufgerufen: "Satzung über ein besonderes Vorkaufsrechtsrecht nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB im Bereich Magirusstraße - Einsteinstraße (ehem. Iveco Brandschutz-Gelände) (Empfehlung an den Stadtentwicklungsverband Ulm/Neu-Ulm)".


    Wir hatten das Thema ja kürzlich wieder angerissen, und scheinbar kommt nun etwas Bewegung in die Sache. Wenn alles zusammenkommt, dürfte der Ulmer Westen in den nächsten 10-15 Jahren ein absoluter Schwerpunkt der städtebaulichen Entwicklung in Ulm werden.



    Ein gutes Stück dieses Kartenausschnitts (Quelle: OSM) könnte am Ende völlig anders aussehen. Für das gesamte BTC-Areal wurden mal als ungefähre Hausnummer rund 1.000 Wohneinheiten aufgerufen, das Beiselen-Areal und das Magirus-Brandschutz-Areal könnten Pi Mal Daumen zusammen vielleicht auch auf 700 kommen... 1.700 WE mal 2,0 ergäbe Wohnraum für gut 3.500 Menschen.

  • Mittlerweile sind auch zum Thema Magirus-Brandschutz-Areal die Sitzungsunterlagen in der Bürgerinfo eingestellt, und tatsächlich ist noch eine kleine Überraschung dabei. Man möchte das Areal gerne schwerpunktmäßig als Ansiedlungsfläche für Forschung und Entwicklung nutzen, Wohnflächen sollen in untergeordnetem Maßstab zum Wasser hin (Blau, Blaukanal) vorgesehen werden. Allerdings geht es erstmal nur um eine Satzung zum Vorkaufsrecht, konkrete Pläne oder Zeitläufe sind nicht enthalten.


    Die Begründung, dass das Areal aufgrund der umliegenden Haupterschließungsstraßen nicht so sehr für eine schwerpunktmäßige Wohnbebauung geeignet wäre, überzeugt mich mit Blick auf das BTC-Areal nicht. Spannender wird es schon bei der Begründung, dass die Reserven im Science Park III sich gen Ende neigen. Auch die Referenz auf die anderen FuE-Standorte in der Weststadt (Altes Röhrenwerk, Hensoldt) ist interessant. Daher meine unqualifizierte Vermutung: Da könnte ein konkretes Vorhaben (Ansiedlung? Umsiedlung? Erweiterung?) im Hintergrund stehen. Gefühlt müsste im Science Park III noch einiges frei sein, zumal da ja nur die erste Hälfte erschlossen ist - aber vielleicht wurde da auch schon mehr vergeben, als wir wissen, und eine Erschließung der zweiten Hälfte des Areals will/kann man nicht abwarten. Wir behalten das mal im Blick :).

  • Am 21.07. tagt der Gestaltungsbeirat der Stadt wieder. Auf der Tagesordnung laut öffentlicher Bekanntmachung:

    • Hafenbad 35
    • "Blaubeurer Straße Beiselen"


    Das Vorhaben Hafenbad 35 war bereits 2021 Thema im Gestaltungsbeirat, seitdem war aber nichts mehr dazu zu hören. Beim etwas ungelenk formulierten "Blaubeurer Straße Beiselen" frage ich mich, ob es hier um ein grundsätzliches Konzept geht, wie es (meine ich) auch mal für das BTC-Areal im Gestaltungsbeirat diskutiert wurde, oder schon um ein konkreteres Vorhaben. Die Nachbarschaft zur Blau und zum BTC-Areal in Richtung Süd und Ost ist natürlich (potentiell) schön, aber Richtung Nord und Ost gibt es auch weniger attraktive bis zwielichtige Ecken. Damit muss man als Vorhabenträgerin umgehen.

  • Hallo zusammen,


    hättet ihr Interesse an einem gemeinsamen Stadtspaziergang , um uns zusammen Orte in Ulm anzuschauen, die ihr städtebaulich gelungen, voller Potential, fragwürdig oder problematisch findet?

    Ich stelle hier einfach Mal einen möglichen Termin für den Stadtspaziergang in den Raum (für längere Strecken können wir auch kurz den ÖPNV nutzen):

    Mittwoch, 27. September, 17:00, Treffpunkt: vor dem Stadthaus, Münsterplatz


    Hintergrund ist, dass ich bei der Wahl im Dezember 2023 als Ulmer Oberbürgermeisterin kandidiere und überzeugt bin, dass Stadtentwicklung in all seinen Facetten (Architektur, Mobilitätsplanung, Wohnungsbau, Energie-&Digitalisierungsinfrastruktur, Nachhaltigkeit, etc.) zentral ist für Ulm.

    Ich habe hier die letzten Wochen hier im Bauforum immer wieder mitgelesen, finde es großartig, wie hier diskutiert wird und würde mich freuen, mit euch zur Ulmer Stadtentwicklung ins Gespräch zu kommen.


    Ich freue mich auf eure Rückmeldungen! :)

    Viele Grüße

    Lena

  • Hallo Lena,

    von meiner Seite Willkommen hier. Ulm steht da in manchen Stadträumen zur Zeit tatsächlich in meiner Wahrnehmung am Scheideweg. Der Baudruck ist sehr hoch, gleichzeitig haben Wir in der Weststadt, in der Neustadt, und weiteren frühen Stadterweiterungsgebieten, aber auch in der Innenstadt selbst stark gealterte oder aus der Zeit gefallene Bausubstanz. Da kommt es und wird es noch zu vielen (Ersatz-)Neubauten kommen. Bisher wird dabei der Charakter dieser Viertel kaum wertgeschätzt und berücksichtigt. Außerhalb von Ulm sieht man sogar die Spitzgiebelbauten zunehmend kritischer, welche eigentlich als angemessene Einpassung hier wahrgenommen werden, und sogar weiter als Charakteristikum verwässert bis lächerlich gemacht werden (siehe Heigeleshof). Aber solche Gestaltungen, zusammen mit vorgeblendetem Ziegel, zählen bereits zur Spitze der Einpassung ins wertvolle Umfeld hier. Dabei bietet Ulm bereits Investoren durch sehr großzügig eingeräumte Nachverdichtungsspielräume (sehr hohe Aufstockungen u.a.) eigentlich gute Bedingungen. Leider im überwiegenden Fall nicht zum Gewinn der Gestaltung. Mir erscheint hier das Gefühl für den Wert dieser Stadträume in weiten Teilen zu fehlen, anders ist wohl nicht der teils prekäre Zustand der an sich erstaunlich weitläufigen und geschlossenen Bebauung in der Weststadt z.B. zu erklären. Oder auch so manche billig gestalteten Neubauprojekte mitten zwischen stimmigen Altbauensembles. Aktuelle Themen, wie Nachhaltigkeit scheinen dabei eher wenig relevant, statt dass man z.B. in der Ulmer Altstadt mit Holzständerbauweise experimentiert, wird lieber weiter fleißig betoniert. Statt dass man die Altbauten möglichst nicht so verwahrlosen lässt, wie in größeren Teilen der Weststadt (die Bevölkerungsstruktur, die Preisstruktur, der Stadtraum, die architektonische Sensibilität bei Umbauten, alles dort deutet darauf), vielleicht sogar Gestaltungsleitlinien erarbeitet, lässt man den Dingen ihren Lauf, und erntet so Ersatzneubau, wo eigentlich gerade über Abrissstopp debattiert wird.

    Es gibt natürlich wie immer auch gute Ansätze, so das Ziel die Wagnerstraße aufzuwerten und deren Wert damit zu honorieren. Auch im Dichterviertel wurde und wird vieles richtig gemacht (abseits des Mobilitätskonzepts). Ich will daher nicht nur als Stänkerer wahrgenommen werden, aber manchmal braucht es auch ein wenig den Finger in der Wunde.

    Ich begrüße daher ausdrücklich, das Thema Bauen und vor allem das Wie, prominenter auf die Agenda zu heben.

  • Nach kurzer Rücksprache und Abstimmung im Kreis der Administratoren: Wir bedanken uns für das freundliche Angebot und haben den Stadtspaziergang nun auch als Termin in unserem Forenkalender eingetragen: Stadtspaziergang zum Thema Städtebau mit Gemeinderätin Lena Schwelling . Zu diesem Zweck haben wir auch die Anmeldefunktion aktiviert und können auf Wunsch zur besseren Planung gerne die Zahl - nicht jedoch die Namen/Identität - der Personen, die sich anmelden, übermitteln. Themenwünsche kann man wahrscheinlich am besten im Kommentarfeld zum Termin hinterlegen. (Wahrscheinlich empfiehlt es sich, die Einladung nicht nur auf die Mitglieder des Bauforums zu beschränken.)


    Wieso tun wir das? Wir halten es für sachdienlich und auch erfreulich, wenn eine Politikerin oder ein Politiker aus dem demokratischen Spektrum das Gespräch zu einem Thema sucht, bei dem auf lokaler und regionaler Ebene viel bewegt werden kann und das uns hier im Forum beschäftigt. Die Fairness gebietet es, darauf hinzuweisen, dass wir als Admins damit keine Wahlempfehlung oder dergleichen verbinden - die Unterstützung gilt der Sache, nicht der Person. Eine Bitte: Sollte der Termin von der Presse begleitet werden, wäre die Einholung des Einverständnisse der Teilnehmenden oder zumindest ein rechtzeitiger Hinweis darauf sicherlich richtig.


    Im Übrigen: Wenn hier gegrantelt werden sollte, wie es gelegentlich schon mal vorkommt, dann ist es halt so :).

  • Neue Fußgängerzonen in der Innenstadt: Hier müssen Autos draußen bleiben [SWP+]

    Zitat

    Rund um den Judenhof, auf weiten Teilen des Marktplatzes sowie in der Herrenkeller- und Dreiköniggasse werden Autos weitgehend ausgesperrt. Was wird mit der Herdbruckerstraße?

    Etwas überraschende Volte: Die Fußgängerzone für die Herrenkeller- und Dreiköniggasse, die am umstrittensten war, wurde nun beschlossen - aber die in der Herdbruckerstraße mit Schelergasse, Ochsengässle und Profosengasse nun doch nicht. Die Lage soll neu bewertet werden, nachdem das Museum umgebaut ist. Siehe dazu auch die Beschlussvorlage im Gemeinderat https://buergerinfo.ulm.de/to0050.php?__ktonr=26461

  • Ich kann den entsprechenden Strang hier im Forum gerade nicht finden, aber Wir hatten genau darüber schon eine ausgeprägte Debatte. Ich hatte auch Deine Position eingenommen. Wie viel Zubau ist überhaut nötig und was sind die Ursachen für die hohe Nachfrage. Deine herangezogenen Zahlen wären nur aussagekräftig unter der Prämisse, dass sich in den vergangenen 30 Jahren nicht die durchschnittliche Wohnungsbelegung reduziert hätte. Sie ist aber von 2,3 auf 2,0 gesunken. Was nach kleinem Unterschied klingt ist ein großer Effekt und ist in der Demografie aber auch in gesellschaftlichen Änderungen hin zu mehr Singlehaushalten begründet. Ich kann natürlich nicht ausschließen, dass die Zahlen zur Haushaltsgröße für Deutschland nicht umgekehrt genau aus Einwohnerzahl und Wohnungsbestand berechnet wird. Das würde bedeuten, dass meine Einordnung wertlos wäre, weil in der Realität auch viele Wohnungen einfach leerstehen könnten. Aber wenn Wir nun annehmen, dass die Haushaltsgröße anders ermittelt wird, dann hätten Wir die Entwicklung des Wohnungsbestandes nahezu perfekt real abgebildet mit dieser einen Erklärung.


    Bezüglich Perspektive: München erwartet bis 2040 1,8 Millionen Einwohner zu besitzen. Für diese Zahl stellt die Stadt städtische Ressourcen zur Verfügung. Es wäre zwar denkbar, dass man hier einfach aus der vergangenen Wachstumsjahren extrapoliert, aber ich nehme stark an, dass diese folgenden gewaltigen Investitionsentscheidungen nicht derart fehleranfällig fundiert werden. Entsprechend könnte es sich als großer Fehler herausstellen, wenn Ulm davon ausgeht, dass es sich nicht auf weiteres Wachstum einzustellen hätte.

  • Ich kann den entsprechenden Strang hier im Forum gerade nicht finden, aber Wir hatten genau darüber schon eine ausgeprägte Debatte. Ich hatte auch Deine Position eingenommen. Wie viel Zubau ist überhaut nötig und was sind die Ursachen für die hohe Nachfrage. Deine herangezogenen Zahlen wären nur aussagekräftig unter der Prämisse, dass sich in den vergangenen 30 Jahren nicht die durchschnittliche Wohnungsbelegung reduziert hätte. Sie ist aber von 2,3 auf 2,0 gesunken. Was nach kleinem Unterschied klingt ist ein großer Effekt und ist in der Demografie aber auch in gesellschaftlichen Änderungen hin zu mehr Singlehaushalten begründet. Ich kann natürlich nicht ausschließen, dass die Zahlen zur Haushaltsgröße für Deutschland nicht umgekehrt genau aus Einwohnerzahl und Wohnungsbestand berechnet wird. Das würde bedeuten, dass meine Einordnung wertlos wäre, weil in der Realität auch viele Wohnungen einfach leerstehen könnten. Aber wenn Wir nun annehmen, dass die Haushaltsgröße anders ermittelt wird, dann hätten Wir die Entwicklung des Wohnungsbestandes nahezu perfekt real abgebildet mit dieser einen Erklärung.


    Bezüglich Perspektive: München erwartet bis 2040 1,8 Millionen Einwohner zu besitzen. Für diese Zahl stellt die Stadt städtische Ressourcen zur Verfügung. Es wäre zwar denkbar, dass man hier einfach aus der vergangenen Wachstumsjahren extrapoliert, aber ich nehme stark an, dass diese folgenden gewaltigen Investitionsentscheidungen nicht derart fehleranfällig fundiert werden. Entsprechend könnte es sich als großer Fehler herausstellen, wenn Ulm davon ausgeht, dass es sich nicht auf weiteres Wachstum einzustellen hätte.

    Richtig. Wohnflächennachfrage hängt vor allem vom Bevölkerungswachstum (auch Binnenzuzug) und Wohnfläche pro Kopf (u.a. Anzahl Singlehaushalte) ab.
    Und da glaube ich, dass wir uns einem Peak nähern. Der Wert der durchschnittlichen Wohnungsbelegung von 2,0 ist tatsächlich seit 10 Jahren in Ulm faktisch stabil (mit minimalem Aufwärtstrend). Entscheidend wird wohl sein, was die geburtenstarken Jahrgänge, die selbst meist üppig mit Wohnfläche versorgt sind, mit dem anstehenden Erbe der Eltern anfangen. Schon jetzt werden 64% der Einfamilienhäuser in Deutschland nur von 1 oder 2 Personen (also eben keine Familien) bewohnt. Hier könnte es in den nächsten Jahren starke Verschiebungen geben, nicht zuletzt durch sehr hohe Energie- und Sanierungskosten. U.a. dadurch könnte sich der Wert ja auch wieder in Richtung 2,3 bewegen. Auch die Umwidmung von Büro- und EH-Fläche (Blautalcenter) sowie langfristige Effekte durch Homeoffice sind noch überhaupt nicht absehbar. Dass Ulm durch die Neubaustrecke wächst (quasi als Vorort von Stuttgart), halte ich übrigens nicht mehr für sehr wahrscheinlich.

    P.S. Gerade wurde berichtet, dass die Geburtenrate - nach einem Zwischenhoch - auf den niedrigsten Wert seit 2013 zurückgefallen ist.

  • Um der interessanten Diskussion noch einen Aspekt hinzuzufügen: Man kann in dieser Fragestellung sicherlich vorrangig eine Reihe von Allokationsproblemen sehen, erst recht beim Zoom aus der engeren Region heraus. In der Diskussion, auf die Puquio anspielte, ist mir bewusster geworden, wie ausgeprägt das (Miss-) Verhältnis zwischen Zuzugs- und Wegzugsregionen ist. Wenn wir auf ganz Deutschland blicken - vielleicht würde auch Baden-Württemberg reichen -, dann haben wir mit hoher Wahrscheinlichkeit jetzt schon "genug" Wohnraum. Also genug, um alle zu angemessenen/leistbaren Kosten mit Wohnraum zu versorgen. Die freien Wohneinheiten sind nur nicht dort, wo die Leute sind oder hinwollen. Das wäre eines der Allokationsprobleme. Ein weiteres wären wohl die Schiefstände in der Belegung des Wohnraums, die EinerausLangenau einbringt. Zu große Wohnflächen, die von zu wenigen Personen bewohnt werden - zu kleine Wohnflächen, die von zu vielen Personen bewohnt werden.


    Leider zeigt es sich (zumindest meiner Meinung nach), dass Wohneinheiten sich für eine solche Allokationsbetrachtung gar nicht mal so gut als Substitutionsgüter eignen. Weil sie ortsfest sind, gibt es mobilitätsbedingt Einschränkungen: Arbeitsplätze, Lebensmittelpunkte, Betreuungsmöglichkeiten und dergleichen schränken ein. Und wenn es sich um Wohneinheiten im Eigentum handelt, wie etwa bei sehr vielen (den meisten?) EFH, ist die Verfügbarkeit auf dem Markt eingeschränkt - eben durch Vererbung oder auch aus schlichtweg emotionalen Gründen, weil man nicht aus dem eigenen Haus raus will. Das Argument, dass die erbende Generation der Baby-Boomer in der Regel mit Wohnraum versorgt ist, sehe ich - aber die Kinder der rund 60-Jährigen sind oftmals die rund 30-Jährigen, die das Haus der Oma gerne übernehmen. Dann wird das Gebäude zwar wahrscheinlich besser genutzt, aber dem Markt wird es dadurch nicht zugeführt.


    Damit komme ich zum Aspekt, den EinerausLangenau schon eingebracht, ich aber noch betonen möchte: Der Wohnungsmarkt ist halt immer noch ein Markt, mit Nachfrage, Angebot und eben Preisfindung. Die Ineffizienzen des Marktes sehe ich auch, gleichzeitig jedoch nicht, wie diese nachhaltig behoben werden können. Mitentscheidend ist die geringe Marktverfügbarkeit von Leerständen - diese befördern ja überhaupt erst Wechsel in der Belegung von Wohneinheiten. Aber wie macht man sie effizient verfügbar? Wohnraumtauschbörsen gibt es, aber sie werden nur gering nachgefragt. Bei Zweckentfremdungsverboten bin ich aber voll dabei :). Aber würde das schon reichen? Wie viele konstant verfügbare Wohnungen - die auch, Stichwort Substitionsgut, für eine Vielzahl von Wohninteressenten geeignet sind - bräuchte es auf einem Markt wie dem in unserer Region? Und wie gehen wir mit den verschiedenen, nach Kaufkraft zu staffelnden Segmenten um, die eine Allokation zusätzlich erschwerden? Auch wenn EFH mit hohem energetischen Sanierungsbedarf marktverfügbar werden, freuen sich vor allem solvente Käuferinnen und Käufer; aber wirkt sich das auch auf die anderen Segmente aus?


    Wenn die Vermutung eintrifft, dass bei der demographischen Entwicklung eine Trendumkehr eintreten wird, dürfte die Preisbildung das (inflationsbereinigt) selbst bei nachlassender Bautätigkeit irgendwann abbilden, weil irgendwann mehr marktverfügbare Leerstände zu einem Anstieg auf der Angebotsseite führen. Man kann darauf wetten, aber ich persönlich würde die Wette für unsere Region nicht annehmen. Die Unsicherheit ist auch bei mir zugegeben sehr groß, wie die vielen, teils neuen Einflussfaktoren der jüngeren und nächsten Zeit - Zuzug aus Fluchtgründen, Binnenwanderung, Einwanderung; Zinsanstieg/Finanzierungsprobleme; gesteigerte Home-Office-Nutzung; Fertigstellung der NBS Ulm-Stuttgart; Großprojekte; Reallohnentwicklung; ggf. zusätzliche Verfügbarkeit von energetisch zu sanierenden EFH; langfristig NBS Ulm-Augsburg - zu bewerten sind. Wenn ich müsste, würde ich aber darauf tippen, dass die wirtschaftliche Stärke und Attraktivität der Region mindestens mittelfristig ungebrochen bleibt und vielleicht sogar zunimmt. Zuzugseffekte würden dann mögliche neue Marktverfügbarkeiten und einen Rückgang der Geburtenraten überwiegen. Das ist aber auch bei mir, ganz offen, reine Spekulation ohne quantitative Basis.


    Zum Abschluss: Selbst, wenn die Bautätigkeit sich irgendwann im Rückblick betrachtet als überzogen herausstellt... finde ich das zumindest mit Blick auf die Preisbildung nicht so schlimm. Dann gibt's halt mal wieder keinen Verkäufer- und Vermietermarkt, sondern einen Käufer- und Mietermarkt. In diesem Fall eintretende Renditeschwünde würden mir nicht den Schlaf verderben :). Je nach politischer Ausrichtung kann ein solcher Ausgang ja sogar wünschenswert sein und beispielsweise mit der Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit auch befördert werden. Ja, die Flächen- und Ressourcenverbräuche würden in diesem Fall noch mehr tun, aber das kann man - politischen Willen und vor allem Konsequenz vorausgesetzt - etwa mit der Konzentration auf Innenentwicklung und Sanierung und Ausbau durchaus abmildern.


    Danke jedenfalls für den Diskussionsanstoß! Hoffe, keinen erschlagen zu haben.

  • Sehr gute Zusammenfassung von Finn . Auf eine Trendumkehr für die Region "wetten", würde ich auch nicht (vor allem nicht auf den Zeitpunkt). Dafür gibt es zuviele volatile Faktoren (bis auf die extrem stabil niedrige Geburtenrate und den "Sterbeüberschuss").
    Aus Markt-/Preissicht ist ein durch Neubau geschaffenes Überangebot in der Tat nicht schlimm (sehr träger "Schweinezyklus" eben). Aus ökologischer Sicht aber eben schon ("graue Energie", Versiegelung). Es wäre aber schon viel gewonnen, wenn die Verantwortlichen ihre Perspektive nicht nur auf die nächsten 3, sondern auf die nächsten 10 oder 15 Jahre ausweiten könnten.

  • Den Einwand mit den ökologischen Folgen eines Wohnungsüberschusses sehe ich voll ein. Zugegeben hat sich mein Verständnis in diesem Punkt in den letzten Jahren, auch dank der Diskussionen hier im Forum, deutlich gewandelt, weswegen ich Sanierungsvorhaben daher mittlerweile auch mit deutlich mehr Interesse verfolge. Zu den interessanteren Vorgängen und Vergleichen gehörten für mich die beiden, in meinen Augen weitgehend gelungenen, Sanierungsvorhaben in der Wengengasse (21-25 bzw. Ecke Wengengasse/Sedelhofgasse) - gerade im Vergleich zum benachbarten Neubauvorhaben am Heigeleshof.


    Was ich auch einsehe, gestern aber unerwähnt gelassen habe: Natürlich spielen bei Neubauvorhaben auch die Agenden und offenen wie verdeckten Absichten von Projektentwicklern, Bauträgern und Investoren eine Rolle. Der komplette Südstadtbogen beispielsweise ist ein einziges Anlageobjekt für Pensionsfonds und dergleichen. Eine in der Zukunft ggf. nachlassende Nachfrage ist nicht in ihrem Interesse, was eine gewisse kommunikative Bespielung des Themas zu erwarten lässt. Etwa, indem bei einer sich abzeichnenden Entspannung auf dem Wohnungsmarkt künstliche Drucksituationen suggeriert oder sogar hergestellt werden. Auch das wird man im Auge behalten müssen.

  • Vielen herzlichen Dank, dass ihr die Initiative aufnehmt. Ich freue mich auf den Stadtspaziergang mit euch! :)

    Zitat

    Eine Bitte: Sollte der Termin von der Presse begleitet werden, wäre die Einholung des Einverständnisse der Teilnehmenden oder zumindest ein rechtzeitiger Hinweis darauf sicherlich richtig.

    Der Austausch mit euch steht dort im Mittelpunkt. Von meiner Seite werde ich die Presse nicht informieren. :thumbup:


    Puquio: lieben Dank für das Willkommen :) Ich freue mich sehr auf den Austausch mit dir und deine Meinung zu einigen kritischen Stellen als auch Stellen mit Potential in Ulm vermittelt zu bekommen - kommst du zum Stadtspaziergang?

  • Diesen Freitag tagt der Gestaltungsbeirat der Stadt Ulm um 14 Uhr im Schwörhaus. Die Themen:

    • Städtebauliche Nachverdichtung – Volumenstudie Römerstraße 163-169 (14:00 Uhr)
    • Städtebauliche Nachverdichtung - Volumenstudie Haßler Straße 15, 17 / Zinglerstraße 108-114 (14:30 Uhr)
    • Ersatzneubau einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung - Am Pfannenstiel - Jungingen (15:00 Uhr)
    • Sanierung Bestandsgebäude und Neubau eines Mehrfamilienhauses - Stuttgarter Straße 25 (15:45 Uhr)