In der Bürgerinfo Neu-Ulm habe ich ein sehr interessantes Projekt gefunden. Am kommenden Dienstag werden die Stadträte beraten, ob das ehemalige Kriegsspital der Bundesfestung saniert und aufgestockt sowie um ein Wohnhochhaus (achtgeschossig) im rückwärtigen Bereich ergänzt werden kann.
Die langjährigen Eigentümer aus Kempten haben vor kurzem auch die Baracke mit der Spielhütte im rückwärtigen Bereich kaufen können. Das denkmalgeschützte Gebäude selber wird aktuell gewerblich und für Wohnzwecke genutzt, außerdem ist noch eine weitere Spielhalle Mieter. Die Substanz wird als ausgesprochen schlecht beschrieben.
Der Trakt mit seinen zwei Flügeln wurde 1850/1854 als Kaserne errichtet, in den 1870ern als Spital umgenutzt und 1894 um zwei Geschosse aufgestockt. Die oberen Geschosse brannten 1945 komplett aus und wurden durch ein (unhistorisches) Notdach ersetzt.
Die neuen Planungen orientieren sich am viergeschossigen Bau, wie er zwischen 1894 und 1945 an dieser Stelle stand. Sie sehen eine umfassende Sanierung des Bestands sowie zwei neue Geschosse vor, die sich gegenüber dem Baudenkmal vom Volumen her zurücknehmen und mit einer Klinkerfassade anpassen sollen. Das soll ab 2020 geschehen.
Damit sich das Projekt rechnet, wollen die Eigentümer im rückwärtigen Teil ein Wohngebäude mit fünf und acht Geschossen errichten, das ein Stück weit das Hochhaus des Südstadtbogens aufgreifen soll. Das soll frühestens ab 2024 möglich sein, wenn der Mietvertrag mit dem Spielcasino ausläuft.
(Quelle: Stadt Neu-Ulm; Bildrechte: f64 Architeken, Fam. Panescu-Stubner)
Im obigen Screenshot sieht man unten zwei Bildaufnahmen vom Stand von zwischen 1894 und 1945, oben den Architektenentwurf. Insgesamt sollen die beiden Geschosse das Volumen des Gebäudes aus seiner Spitalzeit aufgreifen, wobei das untere der beiden neuen Geschosse als verglaster Laubengang ausgeführt werden soll.
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(Quelle: Stadt Neu-Ulm; Bildrechte: f64 Architeken, Fam. Panescu-Stubner)
Der rückwärtige Teil mit dem Neubau, anstelle der heutigen Casinobaracke. Ein Teil des breiten Gebäuderiegels (hier nur im Querschnitt dargestellt) ist achtgeschossig angelegt.
Ich muss noch ein wenig darüber nachdenken, was ich von der Aufstockung des denkmalgeschützten Kriegsspitals halten soll. Gerade auf Neu-Ulmer Seite ist der Umgang mit Überresten der Bundesfestung absolut verheerend. Andererseits: Ich habe in letzter Zeit viel Sympathie entwickelt für einen baulich offensiven, aber dennoch respektvollen Umgang mit Baudenkmälern. Und das scheint mir auf den ersten Blick hier der Fall zu sein.
Natürlich kommt den Eigentümern entgegen, dass das Gebäude bis Kriegsende länger vier- als zweigeschossig war. Das macht eine Art "Wiederherstellung" des historischen Volumens vertretbar. Der Entwurf scheint mir auch architektonisch sehr hochwertig zu sein, die Eigentümer und vor allem die Architekten scheinen sich da viele Gedanken gemacht zu haben und zu wissen, welche Verantwortung sie tragen. Und nachdem mit der Schließung der Spielhallen und der baulichen Entwicklung des rückwärtigen Teils ein ganz schlimmer städtebaulicher Missstand behoben werden soll, finde ich das Vorhaben eigentlich recht sympathisch.
Eine offene Frage wäre, ob im rückwärtigen Teil nicht eine Verschwenkung der Turmstraße in Verlängerung der Meininger Allee interessant wäre. Kann man sich im ersten Google Earth-Bild ganz gut vorstellen: Einfach die Meininger Alle im Kopf weiterführen und langsam über eine Rampe tiefer führen. Die Gewerbenutzung an den Bahngleisen würde dafür fallen müssen, die alte Turmstraße könnte dann überplant werden. Aber ohne den Neubau im rückwärtigen Teil ist die teure Sanierung des Kriegsspitals nicht darstellbar.