Zum (noch) amtierenden (Bau-) Bürgermeister Herrn Wetzig möchte hier mein Kommentar posten. Kaum nötig zu sagen, dass es eine sehr reduzierte und subjektive Meinungsäußerung allein zu Herrn Wetzigs Tätigkeit als Bürgermeister ist - ein Kommentar eben. Gewisse Ungereimtheiten bei Geldtransfers von befreundeten Architekten, die letzlich juristisch einwandfrei geklärt wurden, möchte ich außen vor lassen...
Herr Wetzig hat in seiner Amtszeit viel geleistet und das Stadtbild mitgeprägt wie sonst kein anderer. Er hatte seine ganz eigenen und klar umrissenen Vorstellungen von gutem Städtebau und guter Architektur, und nach diesen hat er konsequent gehandelt. Für Nostalgie war für ihn bei diesen Themen kein Platz. Gleichermaßen hat er harmonierendes und historisierendes Bauen immer abgelehnt. Die Neudefinition des Stadtraums schien für ihn per se einen hohen ideellen Wert zu besitzen. Das lief darauf hinaus, dass er sich oft für Baumaßnahmen einsetzte, die entweder den Bestand scharf kontrastierten oder sogar auf eine unumkehrbare Umprägung hinausliefen, wobei vergangene (historische) oder bestehende Strukturen nicht berücksichtigt wurden. Vereinfacht könnte seine Maxime gelautet haben: nur das Neue ist gut genug, um den heutigen Anforderungen zu genügen. Er brachte wenig Verständnis für konservative und revisionistische Positionen auf. Die Forderung nach Rekonstruktion, also Wiederaufbau nach historischem Vorbild, hat er offen kritisiert (Zitat: " 'Heimattümelei' [...] als Waffe gegen das Auftauchen der ihrer Zeit verpflichteten neuen Gestaltungen instrumentalisiert [...]"). Die Vertreter dieser Forderungen titulierte er im Eifer des Gefechts als "Verhinderer" und "Radikale". Als progressiver, pragmatischer und ein wenig technokratischer oberster Entscheider in den Ulmer Bauangelegenheiten hat er sich bei den Bürgern nicht immer beliebt gemacht. Das mag daran liegen, dass während seiner Amtszeit viele Neubauten im früheren Altstadtbereich (besonders "Neue Mitte", nördliches Fischerviertel, entlang des Altstadtrings) entstanden, die man ohne böse Absicht unter dem Stilbegriff "(Zweck-) Brutalismus" einordnen könnte: also viel Beton, Glas, Metall, rechte Winkel und gerade Linien. Nur wenige Menschen finden freilich Gefallen an postmoderner Architektur; insbesondere große Baumassen an exponierten Lagen ohne Einbindung in und Bezug zur Umgebung werden für gewöhnlich missbilligt.
Meine Einschätzung zur zukünftigen Besetzung des Amtes: Für einen Baubürgermeister bleibt jenseits der ökonomischen, politischen und juristischen Zwänge ein gewisser Spielraum, Entwicklungen zu initiieren, in eine bestimmte Richtung zu lenken, oder zu stoppen. Herr Wetzig war, nach meiner Einschätzung, ein progressiver Pragmatiker. Schlimmer als das wäre ein politischer Taktierer ohne städtebauliche Ideale, ein Korrupter oder ein reinrassiger Technokrat. Im Idealfall bekommt jemand den Posten, der etwas weniger Scheuklappen hat als dies bei Herrn Wetzig der Fall war, und über ein gutes Bauchgefühl verfügt, was wo nötig, sinnvoll und angebracht ist - und was wo nicht. Pragmatiker müssen Baubürgermeister in jedem Falls sein, es geht schließlich immer um den bestmöglichen Kompromiss, aber nie um die beste Lösung.