Ja den Aufwand gibt es dort teilweise auch, z.B. durch unterschiedlich hohe Bahnsteige in der Stadt. Aber in Karlsruhe gibt es wenigstens eine einheitliche Spurweite.
Das Karlsruher Modell hat aber auch elementare Nachteile, insbesondere in Karlsruhe sieht man wie diese mittlerweile zunehmen. Von außerhalb ist man endlos unterwegs, weil man mit einer Straßenbahn an jeder Milchkanne hält, da wäre auf weiteren Strecken Regionalzug + kurzem Umstieg attraktiver. Durch den neuen Tunnel und das Ziel schneller zu werden, verschlechtert sich die Verknüpfung innerhalb der Stadt selbst.
Zudem sind die Kosten für solche Fahrzeuge deutlich höher. Auch der Fahrkomfort auf dem Eisenbahnnetz ist deutlich schlechter als bei einer richtigen S-Bahn. Es gibt wohl auch ehemalige Planer aus Karlsruhe, die sagen, heute würden sie dies nicht unbedingt so mehr bauen.
Ich möchte mir nicht vorstellen, wie solch ein Zug sich bei den engen Ulmer Kurven verhalten würde oder wie eine Ulmer Niederflurstraßenbahn den Betrieb auf der Hauptstrecke nach Stuttgart stört.
Ganz davon abgesehen, dass die Trassenbreite an einigen Stellen die gängigen Normalspurzüge ohne größere Umbauten gar nicht zulassen würde.
Da bin ich bei Reiner und halte eine Kombination von Regio-S-Bahn und Straßenbahn für sinnvoller. Mit schnellen Umsteigemöglichkeiten zwischen den Systemen, wie an der Messe, am ZUP oder mittels durchgehender Passage am Hbf kann das bei dichten Takten schon sehr attraktiv sein. Problem ist aber für mich, dass das oben gezeigte S-Bahn-Netz den Namen nicht verdient hat. Insbesondere wenn man es mit Augsburg und Freiburg vergleicht. Die S-Bahn nach Laupheim fährt nur stündlich und nach Günzburg kommt man nur in der HVZ... Das hat am ehesten Regionalbahncharakter. Aber zumindest die Idee ist gut, ich gebe die Hoffnung nicht auf dass noch ein richtiges S-Bahn-Netz entsteht.
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Ich denke, bei den Vor- und Nachteilen des Karlsruher Modells scheiden sich die Geister. Dass die Regio-S-Bahnen an jeder Milchkanne halten und bis in die Innenstadt fahren, wird ja vor allem als Vorteil gesehen, immerhin gibt es dadurch auf den meisten Streckenästen einen Takt < 60 Minuten. Klar dauert es länger, aber die umstiegsfreie Reisemöglichkeit hat wohl gerade viele Leute vom Auto zur Bahn gebracht. Es hilft ja auch nichts, wenn man 15 Minuten schneller am Hbf ist, aber dann noch durch den halben Bahnhof laufen muss um dann bei Wind und Wetter nochmal auf eine andere Bahn zu warten, um zum Ziel zu kommen - von der schlechteren Taktung ganz abgesehen. Auf den Ästen, wo eine bestehende Regionalzugverbindung durch das Karlsruher Modell ersetzt wurde, kam es jedenfalls stets zu gigantischen Fahrgastzuwächsen, so schlimm kann's also nicht sein. Zusätzlich gibt es auf den Regio-S-Bahnlinien auch Expresszüge, die nicht überall halten (aber trotzdem direkt in die Innenstadt fahren).
Über mangelnden Fahrkomfort konnte ich mich eigentlich nie beklagen, da gibt's bei der DB Regio deutlich unangenehmeres Wagenmaterial. Und selbst im Vergleich z.B. mit den relativ modernen Triebwagen der HZL finde ich die Karlsruher Fahrzeuge angenehmer. Zumal es mittlerweile eine neue Generation Zweisystemer gibt, die auf dem Stand der Technik sind.
Die Bahnsteighöhen waren lange ein Problem, durch den kontinuierlichen Austausch des Fahrzeugparks (insbesondere die Außerdienststellen der alten Berliner Holzschüsseln) konnte man die aber in den letzten Jahren auch vereinheitlichen und so ziemlich alle Bahnsteige mittlerweile barrierefrei ausbauen.
Das Hauptproblem beim Karlsruher Modell in den letzten Jahren und Jahrzehnten war vund ist or allem die Überlastung der Stammstrecke durch die Innenstadt, weshalb ja auch der Tunnel gebaut wird. Die Fahrzeuge sind deutlich größer als die in Ulm, verkehren oft in Doppeltraktion, und dann hat man zu den HVZ eine gelbe Wand aus 120m-Zügen, die sich im Schritttempo mitten durch die zentrale Fußgängerzone wälzt. Der Tunnel wird das entschärfen, allerdings auch zur Folge haben, dass man nicht mehr von überall her umsteigefrei auf den Marktplatz kommt...
Für Ulm würde das ganze Konzept, glaube ich, heute nicht mehr umsetzbar sein, nicht nur wegen der in Beton gegossenen Schmalspur und der engen Radien. Da es (derzeit) nur zwei Linien gibt und ein Großteil des ÖPNV durch Busse abgewickelt werden muss, ist ein Umstieg in vielen Fällen trotzdem nötig. Der kann dann auch am Hbf stattfinden. Zumal der Hbf in Ulm deutlich näher am Zentrum liegt, viele Ziele gerade externer Besucher also fußläufig erreicht werden können, als in Karlsruhe, wo der Hbf 2 km entfernt ist und daher fast jeder dort Anreisende eh nochmal in die Tram umsteigen muss.
Hätte man damals das Fünf-Linien-Konzept umgesetzt und den Busverkehr zumindest im Stadtgebiet weitgehend durch Trams ersetzt, könnte das vielleicht heute anders aussehen.