Was für ein wunderschönes filigranes sich im Licht brechendes Bahnhofsdach. So wird der in die Jahre gekommene Bahnhofsgebäude Mix zumindest etwas aufgehübscht.
Danke für die Bilder, Thorsten.
Wenn ihr gestattet, dann würde ich mich dann doch nochmal gestalterisch mit diesem Vordach auseinandersetzen, auch wenn der Entwurf nun lange so bekannt war und nun ja final errichtet wurde.
Zunächst einmal stellt sich da immer auch die Frage, warum überhaupt so ein Element nötig ist. Betrachtet man die Architektur des heutigen Bahnhofs bzw. die Anlage des Bahnhofsplatzes, so hat man auf dieses Dach verzichten wollen, siehe z.B. hier: https://www.augsburger-allgeme…880/Copy-20of-20hbh-2.jpg Ein nasser Weg zur Straßenbahn und zu den Zügen.
Infolgedessen hat man dann ja auch schon vor dem heutigen Umbau des Platzes längst ein solches Dach nachgerüstet samt Unterführung. Jedoch wurde nun ein weiteres Mal, wie vor dem Umbau auch, darauf verzichtet, dass die Straßenbahn tatsächlich vollständig trockenen Fußes erreicht werden kann.
Das verstärkt die Frage, warum es überhaupt dieses Dach in dieser Form braucht?
Denn ein weiterer einfach hier nun wiederholter Fehler vom Vorgänger zeigt sich bei Betrachtung dessen: https://www.stuttgarter-nachri…ffc242abefa5.original.jpg
Der Übergang vom Vordach zum Bahnhofsgebäude war durch diese Lücke nie ganz ideal, eine mit dem Gebäude verbundene einheitliche Lösung, statt zweimal angestückelt, gestalterisch und funktional wertiger. Was fällt noch auf? Natürlich der Elefant im Raum: Das Dach ist nun kein leichtes geschwungenes Glasdach mehr, sondern ein geschlossener Deckel. Das mag gestalterisch zur Haltestelle der Straßenbahn passen, einen guten Eindruck, wie ein offener heller weiter Platz beim Austreten des Bahnhofs es machen würde, ist damit (wie auch tlw. mit dem Parkhauszugang) ausgeschlossen.
Auch in Gegenrichtung: Die Architektur des Bahnhofs wird vollständig verdeckt von der Passantenebene aus, auch aus einiger Distanz. Das führt zum fatalen Ergebnis, dass die Architektur des Bahnhofsgebäudes auch nach dessen Sanierung keine platzbildprägende Wirkung mehr vorbestimmt ist.
Als Randnotiz noch zwei Beobachtungen, deren Richtigkeit jeder für sich einordnen kann: Die nicht nur von erhöhter Position aus ersichtliche äußerst ungünstige Platzzerschneidung durch das Vordach und dem recht verengten Bahnhofsplatz durch die ganzen Verkehrsträger, wurde meines Erachtens einfach wiederholt, wenn nicht verschärft, siehe die Luftaufnahme des Vorgängers: https://www.augsburger-allgeme…5-cv16_9-w940/AKY9822.jpg Hier jedoch insbesondere auch durch den Parkhauszugang ist der Platz noch zerteilter als vorher, zumindest aus einer überschauenden Perspektive. Meine Vermutung dazu ist ja, dass damit die Provinzialisierung, wie ich sie bereits mit der architektonischen Zweiteilung des Bahnhofsgebäudes andeute, sich in einem auf den rechten Flügel geschrumpften Bahnhofsvorplatz fortsetzt.
Noch die zweite Beobachtung, nämlich zu den grafischen Modellen. Zur Umgestaltung des Bahnhofsgebäudes wurde von Finn eine Visualisierung gezeigt:
(Quelle: Stadt Ulm; Bildrechte: DB / Lindenkreuz Eggert)
Ich finde es sehr vielsagend, dass hier die Kameraperspektive bewusst auf Höhe des Vordaches liegt, dieses quasi ,,verschwinden" lässt und den Parkhauszugang ganz vom Bild abschneidet (wie übrigens die frühere Einheit des linken Bahnhofsflügels auch!). Ich halte solche Techniken zwar für nachvollziehbar vor dem Hintergrund meiner gestalterischen Analyse, jedoch auch gleichzeitig höchst fragwürdig, da den Entwerfenden offenbar sehr wohl Schwachpunkte in der Gestaltung auffallen, aber häufig dann wohl erst rückwirkend, bzw. dann verschärfend wieder weiterentwickelt werden, weil den Entscheidern durch solche Grafiken nicht mal der gerade entstandene Missstand ehrlich mitgegeben wird. So kann keine Lösung entstehen, die den aufkommenden Problemstellen gerecht wird.