Im Übrigen erwarte ich durchaus einige kleinere Gaunereien. Die Regelung greift ab einer Bruttogeschossfläche von 700 Quadratmetern - vielleicht gibt es ja in Zukunft das ein oder andere Projekt, das zufällig und plötzlich in zwei oder drei Projekte à 650 Quadratmeter zerfällt...
Was durchaus aber wiederum für die Gemeinschaft auch einen Vorteil hätte, denn kleinteiligere Projekte können selbst bei einfacherer Gestaltung lebendiger und besser proportioniert wirken. Viele unterschätzen ja diesen Faktor, würden wohl sagen, ja aber grünstiger Wohnraum ist ja wohl wichtiger als Stadtraumgestalt. Aber gerade Ulm mit seinen in altstadtnähe errichteten Giebelhäusern zeigt doch die massive Wirkung, und den Vergleich hat man gleich auch, sieht man sich dann die (zwar aufwendige aber) riesige Fassade der Stadtsparkasse beispielsweise an. In diesem Sinne hätten es sogar weniger als 700qm sein dürfen, aber mal sehen, ob der Mechanismus überhaupt so auftreten wird und bedacht wurde.
Allerdings: Die Überschrift des SWP-Artikels ("Weniger Häuser, höhere Häuser") halte ich für unzulässig verknappt. Den interessantesten Punkt finde ich die Forderung nach einer weitergehenden Dezentralisierung der Stadt und der Förderung eigenständigerer Stadtteilidentitäten.
Das halte ich für katastrophal für Ulm. Dezentralisierung über das Grundversorgerniveau von heute zu fordern in einer Stadt, die vorangig aus einer ehemals mittelalterlichen Kernstadt lebt, und auch seine Infrastruktur entsprechend danach errichtet hat, derart umzubauen, gleicht einem Strukturverlust. Ich habe das bereits bei dem Thema Straßenbahnen erläutert, diese braucht eine möglichst flachen hochliegenden Dichtegradienten, weshalb mehr Linien im Inneren verkehren und dann nach außen an Dichtekorridoren sich ziehen können als z.B. ein Ringschluss außenherum. Ausnahmen können dann solche starken Subzentren sein, die jedoch, siehe Kohlplatte, eine Wirtschaftlichkeit immer noch vor besondere Herausforderung stellt. Die Synergie ist einfach minimal, wenn es quasi nur eine Verbindungsstrecke zwischen Anfangs- und Endpunkt der Trasse ist.
Auch leidet die Stadtstruktur erheblich. Schon Böfingen stellt genau so eine Anomalie dar. Das wollen die Grünen nun wohl wiederholen. Auf Neu-Ulmer Seite hat man durch solche extremen Dichteinkonsistenzen unter anderem es bisher noch zu keiner in irgendeiner Weise befriedigenden Nahverkehrsstruktur gebracht. Vom Stadtbild ganz zu schweigen.
Mit ihrer Vorstellung von bis zu 7 Stockwerken gehen sie an den unteren Rand der Hochhausschwelle. Das mag viele ja beruhigen, mich nicht. Schon die wenigen Höhensolitäre, die es im Umfeld der Altstadt gibt, haben beträchtlich das Bild verunklart. Das sind soweit ich weiß, (Donaucenter und Maritim ausgenommen) keine offiziellen Hochhäuser. Nachverdichtung ist gut (hier gefällt mir die Idee von systematischen Aufstockungen), aber bitte nicht in Form von starken Höhensprüngen und oder dezentralisierten Hochinseln am Ortsrand.
Ich möchte auch noch einen weiteren Widerspruch aufzeigen. Wenn man schon die Versprechen einer zusammenwachsenden Stadt und den von Identitätspunkten in der Peripherie nicht einhalten wird können: Die Konzeptentwerfer haben nicht verstanden, dass die Ortsteile nicht umsonst als eine Stadt sich entwickeln. Eigenheit bedeutet Eigenständigkeit. Aber schon die Handelsstruktur gibt hier enge Grenzen, das spüren sogar dutzende Kilometer entfernt liegende Gemeinden. Für eine Grundverorgung, ja, da gibt es die Möglichkeit Schwerpunkte vor Ort zu bilden. Aber für jedes Spezialangebot ist es bereits attraktiver in das überörtliche Zentrum zu ziehen. Das ist ökonomisch und sogar ökologisch maximal effizient, da die Wege ins Ulmer Altstadtzentrum im Durchschnitt aus allen umliegenden Orten am kürzesten und ökologischsten zu erreichen sind. Was bleibt dann überhaupt für Eigenheit den Ortsteilen, außer solche genannten Verdichtungsschwerpunkte von Wohnraum? Woher soll die Identifikation denn kommen? Die im Papier genannten Beispiele sind entweder schon dezentral organisiert (Schulen z.B.), oder bieten sich nicht an. Wer z.B. zu einer Behörde muss von Söflingen aus wird sich bedanken, wenn er dann statt ins Zentrum nach Böfingen in ein Subzentrum fahren darf (angesprochene Ineffizienz).