Wenn ich mir die Statistik der Stadt anschaue, dann sieht man aber auch deutlich, dass der Anteil an Familien mit Kindern in den Orts/Stadtteilen außerhalb des Zentrums deutlich größer ist und fast an die 50% rankommt. Der Rest wird fast zur Hälfte an Mehrpersonenhaushalte ohne Kinder oder Singles aufgeteilt. Deutlich anders sieht es in der Innenstadt (Mitte, Oststadt, Weststadt) aus. Hier dominieren Einpersonenhaushalte mit bis zu 60%.
Bestärkt für mich wiederum den Ansatz, dass in den äußeren Gebieten mehr Bedarf für Mehrpersonenhaushalte mit Kindern geben muss. Und die sehe ich jetzt nicht wirklich in Mietskasernen.
Die Zahlen sind so allgemein für die größeren Städte zu konstatieren. Jedoch habe ich eine andere Interpretation über diese Zahlen. In dem was ich bisher darüber gelesen habe, war nämlich eher von Verdrängung der Familien die Rede, als von einer freiwilligen Bewegung der Familien in Bereiche oft sogar völlig außerhalb der Stadt selbst. Als Gründe werden genannt, die hohen Mietkosten für entsprechend große Wohnungen und insgesamt der Mangel an passendem Wohnraum (das untermauern auch Zahlen wonach Familien überdurchschnittlich in überbelegten Wohnungen leben). Dafür nehmen dann die Familien in Kauf, dass sie Pendeln müssen (Indiz: die Zahl der Pendler steigt kontinuierlich) und dass sie für das meiste Programm ihrer Kinder den Chauffeur spielen dürfen, bzw. manches auf dem Land einfach nicht verfügbar ist, wie Kitas mit Fremdsprachfokus, Angebot seltener Hobbyarten, bestimmte Geschäfte usw.
Diese Ursachen erklären auch Deine Beobachtung des letzten Absatzes: Städte wie Illertissen, Neu-Ulm oder auch sonstige Speckgürtel wachsen in den letzten Jahren stark, und zwar allgemein um die größeren Städte. Auch hier ist der Grund, dass die Städte zu teuer geworden sind bzw. nicht schneller wachsen können aus verschiedenen Gründen. Es wachsen die Städte und Dörfer, die schnell günstigen Wohnraum schaffen, wozu EFH-Gebiete nicht zählen, und in den letzten Jahrzehnten noch nicht das Wachstum wie in den größeren Städten partizipiert haben. Schau mal in den Regionalstrang zu Illertissen und versuche diese Neubauzahlen mit EFH Vierteln abzubilden (vor allem vor dem Hintergrund des verstärkten Fokus des LK NU seinen Flächenverbrauch im Griff zu behalten).
Das alles sind also keinesfalls Indizien, welche nahelegen, dass man die Not in den Städten mit Einfamilienhausgürteln um die Städte lösen kann und sollte oder dass Ulm da irgendetwas verschlafen hätte.
Zum Thema Gründerzeitviertel. [...] bevorzugte Wohngegend, [...] ÖPNV erschlossen [...] Reiche und Akademiker [...] besagten Wohngebiete sind sehr teuer.
Ich habe nicht gesagt, dass Gründerzeitviertel eine Segregation vermeiden in jedem Fall. Deine Auswahl bildet leider nur ein sehr spezifisches Bild. So gibt es in den meisten Städten auch Bereiche in Gründerzeitvierteln, die von Arbeiterschichten bewohnt sind. Bremen (Teile Peterswerder, Gröpelingen, Walle) und Berlin (Teile Wedding, Neukölln) sind hier prominente Beispiele in denen es viel auch günstige Gründerzeit gibt, wobei Bremen mit seiner geringeren Dichte eventuell wieder kein brauchbares Beispiel ist (oder ein interessanter Mittelweg!). In Ulm ist beispielsweise die Weststadt auch verhältnismäßig günstig trotz Gründerzeit.
Gründerzeitviertel sind eher in der Lage Segregation zu vermeiden durch ich flexible Nutzungsformen, in Folge der hohen Dichte einer großen Zahl an öffentlicher Infrastruktur, was ein Mobilitätsangebot auch an nicht Wohlhabende bedeutet, oder aber auch durch die stark ausdifferenzierten Wohnangebote (z.B. hohe Wohnungsbauten ohne Aufzug bieten in den oberen Stockwerken günstigeren Wohnraum, oder manche haben Balkon, manche sind reine Nordseitenwohnungen). EFH Viertel können das alles nicht in dieser Reichhaltigkeit bieten und sind dadurch grundsätzlich etwas ausselektierter (jeder braucht mindestens 300.000€ um in diesen Kreis zu kommen, muss mindestens einen PKW besitzen, muss einen relativ fest lokalen Arbeitsplatz haben, usw). Jetzt mit den hohen Preisen ist es nochmal zugespitzter.