Ich bin in dieser Angelegenheit bei den Kritikern der aktuellen Pläne. Es geht ja nicht um Detailfragen, sondern um die Eingangssituation zur Innenstadt, die auf Jahrzehnte hinaus definiert wird; ein modernes Stadttor eben für eine moderne Innenstadt. Das ist für mich echt nicht nur pillepalle wie die Lage von Rolltreppen, die Einheimischen egal sein kann.
Mein größter Wunsch an die Sedelhöfe war, dass mit einer Neugestaltung dieser elende Gebäuderiegel gegenüber vom Bahnhof wegkommt und das neue Areal sich vom Bahnhof aus kommend einladend öffnet, damit Blickbeziehungen die Bahnhofstraße hinunter und auch in die Sedelhöfe offenbart. Eigentlich ging ich sogar davon aus, dass das selbstverständlich sein müsste - ja, ich bin Laie, aber städtebaulich kann doch nur das die einzig wirklich wertige Lösung sein.
Das ist auch der Grund, wieso ich nach anfänglich vorsichtigem Optimismus mittlerweile ziemlich rundum enttäuscht bin von allem, was die Sedelhöfe planerisch anbieten. Nicht nur wird der Riegel noch schlimmer (überwiegend höher, die Öffnung zwischen McDonalds und Linie 1 wird geschlossen, die schmale "Bahnhofsgasse" ist kein Ersatz), man schafft es sogar, die jetzt schon schreckliche Unterführung tatsächlich noch schlechter zu machen. Wow.
Reinhold, deine Überlegung mit den stadtkundigen Einheimischen ist sicher nicht verkehrt, aber du bist eben auch selber ein stadtkundiger Einheimischer. Think outside the box: In den nächsten dreißig, vierzig, fünfzig Jahren, in denen wir die neue Eingangssituation haben, wird es in der stark wachsenden Doppelstadt und im stark wachsenden und vom Einzugsgebiet her noch größer werdenden Einzugsgebiet (S-Bahn, NBS) so irre viele Menschen geben, die neu oder nur manchmal nach Ulm kommen und am Hbf aus dem Zug steigen oder dort ihr Auto parken. Was für einen Eindruck macht es dann, aus einer schmalen Unterführung hochzufahren und dann erstmal vor einer Wand zu stehen? Wo geht's denn hier zur Stadt? Haben die überhaupt eine Innenstadt hier?
Und auch wenn die mal lernen, wie es in der Stadt so aussieht (ist ja doch nur eine kleine Großstadt, man kommt rum) - es geht halt auch ums städtebaulich, architektonisch, ästhetisch Wertvolle. Wir haben hier eine wirklich einmalige Chance, in Ulm ein Stadttor der Moderne zu bauen, auf das man stolz sein kann. Nach jetzigem Stand: Chance verkackt, weil man ohne Not einem Investor, dessen einzige Maxime diejenige der Gewinnmaximierung ist, zum Städtebauer gemacht hat. So halsstarrig, wie der Gönner ist, würde er sich auch eher eine Hand abhacken als das zum Wohl der Stadt nachzuverhandeln.
Überhaupt, und wenn ich schon einmal dabei bin: wieso wird die Bahnhofspassage denn überhaupt immer noch als Unterführung gedacht? Man fährt eine Rolltreppe hoch, um dann zu den Sedelhöfen und zur Bahnhofstraße runterzulaufen? So ein Kokolores. Wieso wird die Passage nicht ebenerdig weitergeführt, um ohne oder nur mit einem geringen, locker von Rollstühlen und Fahrrädern und Kinderwägen überwindbaren Niveauunterschied sowohl in die Bahnhofstraße als auch in die Sedelhöfe zu führen? Eine einzige lange Passage, vom Westportal unter den Gleisen hindurch, durch die neue Bahnhofshalle, durch die neue Bahnhofspassage, mündend in der neuen Innenstadt. Die böse Friedrich-Ebert-Straße wäre mit einem Mal nicht mal mehr ein Hindernis, sie findet halt ein Stockwerk weiter oben statt, aber überwinden müsste man sie echt nicht mehr.
Ich verstehe es nicht. Jescheck und die Stadträte scheinen mit diesen Dimensionen wohl doch überfordert zu sein. Mittlerweile habe ich keine Lust mehr auf die Sedelhöfe.