Energieinfrastruktur

  • Es ist nur eine Vision, erst recht eine, bei der man erst abwarten muss, ob sich überhaupt lohnt hier im Forum ihr unter Visionen einen Strang zu widmen, daher mal nur als Notiz hier:

    Die Ministerpräsidenten BW und BY haben das Ziel, die geplante von Hessen nach BW kommende Wasserstoffpipeline entlang der A8 bis weit nach Bayern zu verlängern (zum Chemiedreieck).

    Ulm wäre dadurch direkt am künftigen H2-Verteilnetz angeschlossen (das Treffen der Ministerpräsidenten fand übrigens in Neu-Ulm statt).

    2 Mal editiert, zuletzt von Finn () aus folgendem Grund: Post aus dem Thread "Mobilität und Infrastruktur" herausgelöst und zum Aufhänger eines neuen Themas gemacht.

  • Siehe dazu auch die gemeinsame Pressemitteilung des Alb-Donau-Kreises, des Landkreises Neu-Ulm und der Städte Ulm und Neu-Ulm vom 26. August 2022. Der eigentliche Pipeline-Bau dürfte - so er denn kommt - wahrscheinlich nicht sehr spektakulär sein, aber die Herstellung einer solchen Versorgungsinfrastruktur sollte einige interessante Folgevorhaben abwerfen. Vielleicht kann man einen Schwerpunkt im Ulmer Norden erwarten, also in Autobahnnähe.

  • Ich war in der Gemeinderatssitzung, am Mittwoch, dabei, als [der Ulmer 10-Punkte-Plan für Wirtschaft und Arbeit] behandelt wurde. Kritisch sehe ich den Punkt 5 des 10-Punkte Plans.



    Ulm fördert den Ausbau von erneuerbaren Energien und Wasserstoffinfrastruktur für eine möglichst klimaneutrale Wirtschaft.


    Eine möglichst klimaneutrale Wirtschaft können wir uns nicht leisten, angesichts der Klimakrise die nicht nur Länder, wie Pakistan kürzlich, sondern die ganze Welt trifft. Damit ist klar was Zukunftstechnologien sind, nämlich klimaneutrale Produkte und Dienstleistungen. Das erkennen heutzutage schon viele Firmen und gehen dahin wo es viel erneuerbare Energie gibt. Das wird der Standortfaktor Nummer eins werden. Da hat unsere Region noch deutlich Luft nach oben.

    Wenn das auch so mancher im Gemeinderat und an der Stadtspitze erkennen würde, wäre es für uns alle besser. Aber man kann auch minutenlang inhaltslos um den heißen Brei herumreden sowie kritische Analysen aus konkurrenz-technischen Gründen eine Absage erteilen.

    Einmal editiert, zuletzt von Finn () aus folgendem Grund: Thema ausgegliedert in neuen Thread, Link zum Ursprungsbezug hinterlegt.

  • Interessant, danke für die Einschätzung.


    Standort- und ansiedlungspolitisch ist der Hinweis darauf, dass Firmen bei Neuansiedlungen die Nähe von gut und günstig verfügbarer erneuerbarer Energie suchen, sicherlich richtig. Ich glaube, dass man da als Kommune aber auch etwas an die eigenen Grenzen kommt, weil das Thema halt vorrangig auf anderen Ebenen bespielt wird. Einerseits. Andererseits entwickelt sich aber gerade Ulm trotzdem zu einem Player in diesem Bereich, und zwar über die SWU, die gerade einen Windpark im Altdorfer Wald (LK Ravensburg) mit 35-50 Windkraftanlagen plant. Die Widerstände sind allerdings hoch.


    In diesem Zusammenhang interessant: In einer vom BUND beauftragten Studie (hier der SWR-Artikel dazu) wurde untersucht, welche Regionen in Baden-Württemberg für welche Form der Erzeugung von Erneuerbaren Energien am besten geeignet sind. Die Region Donau-Iller wurde in der Studie als eine der drei am besten für Windkraft geeignete Regionen ermittelt, neben Heilbronn-Franken und dem Nordschwarzwald.


    Spannend fände ich auch, wenn man in der aktuellen Situation wieder über tiefe Geothermie und Pumpspeicherkraftwerke nachdenkt. Unsere Region gehört teilweise zum süddeutschen Molassebecken und ist damit grundsätzlich gut für tiefe Geothermie geeignet. Für Pumpspeicherkraftwerke spräche, dass wir in unserer Region ein paar gehörige Gefälle haben - wenngleich die Alb als Karstgebirge halt ein Sieb ist ^^. Mir sind die Vorbehalte und die Gegenargumente alle bekannt, aber vielleicht lohnt sich eine neue Abwägung durchaus, da die Vorzeichen und Umstände sich ja gerade drastisch ändern.

  • Der Großteil des Videos dreht sich um den Energiewandel, aber schaut die ersten 3 Minuten, da wird viel zur Mobilitätswende in der Nachbarstadt Tübingen berichtet:

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    Ich finde, da staunt man schon ganz schön, was da scheinbar infrastrukturell gemacht wurde, und vor allem auch in Ulm möglich gewesen wäre.

  • Ich habe mir nun doch einmal erlaubt, Posts aus verschiedenen Threads, die sich mit Energieinfrastrukturthemen befassen, zusammenzuführen... ich glaube, wir werden mehr und mehr über diese Themen reden und reden müssen.


    Vielen Dank in jedem Fall für den Beitrag. Tatsächlich wurde gestern erst auch in Ulm der Bau einer großen Freiflächen-Photovoltaik-Anlage geplant, wie man in der Bürgerinfo nachlesen kann. Es handelt sich um dieses Areal an der Nordtangente:


    Die SWU plante mit 3,6 Hektar, die jetzt planerisch noch einmal um 2,1 Hektar erweitert werden sollen - daher der Beschluss, den Flächennutzungsplan noch einmal offenzulegen.

  • Der Großteil des Videos dreht sich um den Energiewandel, aber schaut die ersten 3 Minuten, da wird viel zur Mobilitätswende in der Nachbarstadt Tübingen berichtet:

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    Ich finde, da staunt man schon ganz schön, was da scheinbar infrastrukturell gemacht wurde, und vor allem auch in Ulm möglich gewesen wäre.


    Absolut ! Wenn man ein bisschen mehr Mut hätte, dann wäre vieles mögliches. Auch wenn wir in Ulm eine gute Wohnungsbaupolitik machen, finde ich dennoch das man von Tübingen in Sachen Wohnungsbau einiges lernen können. Wohnen ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts und da schafft es der Tübinger OB mit Nachverdichtungen viele Wohnungen zu schaffen. Auch wenn man dafür privilegierten Menschen Druck machen muss, wenn das öffentliche Interesse überwiegt. Da würde ich mir mehr Mut von der Stadtspitze wünschen ...

  • Energiewende auf Abstand [taz]

    Zitat

    Es gäbe genug Platz für Windräder. Dass sie nicht gebaut werden, liegt auch am Regelwerk. Eine interaktive Karte zeigt Unterschiede.

    Die interaktive Karte ist ganz interessant. Neben dem offensichtlichen und krassen Missverhältnis, das zwischen Bayern einerseits und dem Rest der Republik andererseits herrscht, finde ich insbesondere interessant, was für einen Effekt der relativ moderate Unterschied zwischen den Abstandsregeln 1.000 Meter und 800 Meter bzw. 700 Meter (letzteres Baden-Württemberg) ausmacht. Ginge das windreichere und deutlich dünner besiedelte Flächenland Brandenburg noch etwas runter, könnte es noch mehr günstige Energie für großmaßstäbliche Ansiedlungsvorhaben generieren - schlecht für BW. Auch das benachbarte Rheinland-Pfalz hat mit 500 Metern gegenüber 700 Metern in BW ein deutlich größeres Potential.


    Das bayerische Landesamt für Digitalisierung und Vermessung hat übrigens Strafanzeige gegen den Journalisten gestellt, der die Karte erstellt hat ^^.

  • Stadtwerke wollen auf Wärmeenergie aus der Erde setzen [SWP+]

    Zitat

    Stromversorgung, Wärme, Mobilität: Energieversorger suchen Lösungen für eine CO2-freie Zukunft. „Der Ukraine-Krieg hat uns noch einmal extrem vor Augen geführt, dass wir auf erneuerbare Energien setzen müssen“, sagt Klaus Eder, Geschäftsführer der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU). Dazu wird nun auch über Geothermie nachgedacht. Dabei handelt es sich um die Nutzung der in der Erdkruste gespeicherten Wärmeenergie. Der SWU-Chef findet Geothermie „total spannend, weil sie tatsächlich auch eine erneuerbare Quelle ist, die man nutzen kann“.


    Nicht gleich wieder nur mit Bedenken kommen [SWP+]

    Zitat

    Beim Schlagwort Geothermie kommen rasch Bedenken ins Spiel. Aber einen Versuch ist es wert, die Technik auch in unserer Region zu nutzen. Ein Kommentar von Magdi Aboul-Kheir


    Im Blick für erste Erprobungen ist der Bereich zwischen Neu-Ulm (Gerlenhofen?) und Senden.

  • Wasserkraftwerke sind out – Solar-Freiflächen sind im Kommen [SWP+]

    Zitat

    Im Vergleich zu anderen Gebieten in Baden-Württemberg stehen die Stadt Ulm sowie die Region Donau-Iller mit den Landkreisen Alb-Donau und Biberach beim Ausbau der erneuerbaren Energien vergleichsweise gut da. Ulm profitiert dabei von seinen sieben Biogasanlagen sowie von der Wasserkraft etwa an der Böfinger Halde. Diese beiden Energiebereiche seien aber ausgereizt, hieß es bei der Sitzung des Fachbereichsausschusses Stadtentwicklung, Bau und Umwelt. Wodurch lässt sich dann erneuerbare Energie gewinnen?


    Die Beschlussvorlage zum Thema ist hier in der Bürgerinfo zu finden.


    Eine Technologie, die ich hier vermisse, wäre die Nutzung von Flusswärme. In Mannheim wird gerade die größte Flusswärmepumpe Europas gebaut, um die thermische Energie des Rheins zu nutzen. Durch Ulm fließt auch ein größerer Fluss...

  • Eine Technologie, die ich hier vermisse, wäre die Nutzung von Flusswärme. In Mannheim wird gerade die größte Flusswärmepumpe Europas gebaut, um die thermische Energie des Rheins zu nutzen. Durch Ulm fließt auch ein größerer Fluss...

    Das ist total spannend. Die Flüsse leiden ja sowieso an einer Überhitzung, sodass Abwärme aus industriellen Anlagen nur noch begrenzt in die Flüsse eingebracht werden kann. Fürs Ökosystem wäre das sicher gut, und weil die Donau zahlreiche Alpenzuflüsse aufweist, ist eventuell gerade hier eine niedrige Temperatur wünschenswert. Andererseits kann ich nicht sagen, ob gerade dieser Fakt dazu führt, dass die Donau ungeeignet ist auf Höhe Ulms. Eventuell ist sie hier ja auch noch ,,zu" kalt?

  • Andererseits kann ich nicht sagen, ob gerade dieser Fakt dazu führt, dass die Donau ungeeignet ist auf Höhe Ulms. Eventuell ist sie hier ja auch noch ,,zu" kalt?

    Gute Frage. Das Bayerische Landesamt für Umwelt dokumentiert die Temperatur der Donau dankenswerterweise laufend, siehe https://www.gkd.bayern.de/de/f…01/gesamtzeitraum/tabelle - wenn ich da etwas herumscrolle, komme ich in den Monaten Juli/August auf durchschnittlich rund 19-22 Grad, in den Monaten Dezember/Januar auf 2-7 Grad. Im Mai stehen wir bei 10-12 Grad. Die MVV Energie, die die Pumpe in Mannheim betreiben wird, schreibt von 5 Grad im Winter und 25 Grad im Sommer. Ich bin absolut nicht vom Fach, aber da scheint etwas dran zu sein, dass die Alpenzuflüsse sich in der Donau bemerkbar machen.


    Vielleicht kann man sich auch das Abwasser und an das Klärwerk Steinhäule anschauen, wo immerhin für 220.000 Einwohner und noch einmal im selben Volumen für Gewerbe und Industrie Abwasser geklärt wird. Auf den Seiten des baden-württembergischen Umweltministeriums habe ich dazu einen schweizerischen Leitfaden zur Wärmenutzung aus Abwasser gefunden.

  • Faszinierend, was sich in den letzten Jahren in Sachen Energienutzungsmöglichkeiten so alles tut - Wärmenutzung aus Abwasser? Wäre ich nie drauf gekommen. Aber bis vor kurzem war mir auch nicht wirklich bewusst, wie effizient Wärmepumpen sein können... wieviele ungenutzte Potentiale da wohl sonst noch brachliegen, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten womöglich nutzbar gemacht werden können?

  • Das finde ich auch faszinierend. Ich habe im Laufe der letzten eineinhalb Jahre viel Neues über Energie gelernt und den ein oder anderen kleinen Erweckungsmoment gehabt.


    Was mir als Laien zum Beispiel neu war: Gut ein Fünftel aller in Deutschland angebauten Pflanzen sind Energiepflanzen, wenn man nach der Flächennutzung geht. Das entspricht einer Fläche von rund 2,2-2,3 Millionen Hektar, die überwiegend zur thermischen Nutzung für Bioethanol, Biogasanlagen und dergleichen herangezogen werden. Nur: Schaut man auf die energetische Ausbeute und legt den Ertrag von Freiflächen-PV-Anlagen daneben, dann liegt die Effizienz von Freiflächen-PV-Anlagen je Hektar deutlich über dem Anbau von Energiepflanzen. Ich habe Faktoren zwischen 20 und 40 (!) gefunden. Seitdem bin ich deutlich entspannter, was Freiflächen-PV angeht :) - und kritischer mit Blick auf Energiepflanzenanbau. Zumal die Anlagen die Fläche nicht versiegeln, sondern zum Ende ihrer Lebenszeit nahezu restlos wieder entfernt werden können.


    Auch nett: Als in Zeiten der hochschießenden Strompreise und Sparaufrufe auch in die Wirtschaft hinein ständig Unternehmen PMs rausschickten, dass sie jetzt überall LED-Leuchten installiert hätten und nachts auch mal das Licht ausmachen und jetzt 10, 15, 20 Prozent sparen... äh, wieso wurde das alles nicht schon viel früher gemacht? Vielleicht braucht es eben doch einen gewissen Leidensdruck, um nachhaltige Veränderungen zu bewirken.

  • Das hat man ja auch im eigenen Haushalt beobachten können. LEDs gibt's ja nun schon sehr lange, für sinnvolle LED-Leuchtmittel für den Hausgebrauch (also hell genug, warmweiß, ohne merkliche Aufwärmphase) brauchte es aber tatsächlich erst das Glühbirnenverbot. Vorher war da einfach kein Druck vorhanden, in die Forschung und Entwicklung zu investieren. Es hat dann nur eine sehr kurze Zeit gedauert, bis Designer aller Art auf den Zug aufgesprungen sind, und plötzlich waren die Lampenabteilungen voll von abgefahrenen Designs, die mit herkömmlicher Technik gar nicht denkbar gewesen wären. Wer würde sich denn heute noch ein birnenförmiges Leuchtmittel unter einen popligen Lampenschirm hängen? Eben. Hue und Nachbauten füllen dann noch die Lücke, bunte und dimmbare LED-Leuchtmittel in herkömmliche Fassungen verschrauben zu können. So ein "Birnchen" mit vollem Farbspektrum, 100W-Äquivalent und Funkempfänger verbraucht dann vielleicht noch 3-5W, wenn man's halbwegs hell macht.


    Was PV-Anlagen angeht: Die müssen ja nicht mal temporär Flächen vernichten. Es gab da Feldversuche (pun intended), wo man sie auf Stelzen über einen Acker gesetzt hat, die Dinger haben dann nicht nur Strom erzeugt, sondern auch für Verschattung für die darunter angebauten Pflanzen gesorgt, was bei den heutigen heißen Sommern den Bewässerungsaufwand drastisch reduziert hat und dazu noch die Ackerpflanzen besser gedeihen ließ. Finde ich fast etwas merkwürdig, dass man davon kaum noch was hört. Dafür wird ja gerade diskutiert, wahlweise Panele zwischen Eisenbahnschienen zu legen, oder aber Autobahnen mit Solarzellen zu überdachen... Die Futterpflanzen werden ja zukünftig für E-Fuels gebraucht ;)

  • Leider werden die Grünen ja gerne immer als Verbotspartei dargestellt. Gut manchmal schießen sie auch über das Ziel hinaus, aber viele Dinge funktionieren halt einfach nicht ohen Verbote. Besonders wenn es Innovationen bedarf dann gibt es einfach nur 3 Gründe Dinge zu erfinden oder weiterzuentwickeln:


    1. Preisoptimierung / Gewinnmaximierung

    2. Problemlösung (aufgrund Zeitoptimierung, Kostenoptimierung oder einfach aus Faulheit :) )

    3. Verbote oder Ressourcenknappheit


    Allein Punkt 3 zwingt Themen anzugehen und zu verbessern, besonders wenn Punkt 1 und 2 eigentlich kein Antreiber sind.


    Aus natürlichen Gründen wird kaum ein Mensch sich freuen, wenn es Verbote gibt, aber leider interessiert vielen Menschen nicht Punkt 1 und 2. Man regt sich über teure Preise auf, aber macht nichts dagegen. Im Endeffekt schiebt man das Problem vor sich hin und versucht sich damit zu arrangieren.


    Wer sich also frühzeitig mit den Problemen beschäftigt und nach neuen Lösungen sucht wird erfolgreich sein und ein sicherlich schöneres Leben haben, als immer nur zu meckern; meine Meinung.

  • Die Diskussionen (Kampagnen?) der letzten Monate lassen mich ehrlich gesagt ziemlich ratlos zurück, auch wenn ich mich hier ungerne zur "großen" Politik äußere. Wir haben in diesem Jahrzehnt sehr viele bedeutende Weichenstellungen vor der Brust. Zur Politik gehört, Ziele zu entwickeln (policy), den Weg zur Zielerreichung zu verhandeln (politics) und zum Zweck der Zielerreichung Strukturen zu schaffen und Regeln zu setzen (polity). Alleine dadurch, dass das Schaffen von Strukturen und Setzen von Regeln - als Ordnungspolitik absoluter Kernbestandteil der Politik und als solcher über Jahrzehnte unstrittig - in der Öffentlichkeit mittlerweile erfolgreich als "Verbotspolitik" kodiert wurde und zunehmend kulturkämpferisch überformt wird, wird eine effektive Umsetzung jeglicher politischer Entscheidungen beinahe unmöglich. Ich glaube, dass man der Gesellschaft mit einer solchen Kampagne einen Bärendienst erweist, der sich über Jahrzehnte rächen kann.


    Wenn man Regeln setzt und Strukturen schafft, hat man eine gute Chance, den Rest den Markt regeln zu lassen, wie beim Beispiel von Sputnick mit den LED. So funktioniert ja Wirtschaftspolitik in der Sozialen Marktwirtschaft. Je klarer und verbindlicher die Regeln, je weniger Schlupflöcher und Ausnahmeregelungen sie bieten, desto besser. Darauf kann man sich einrichten und zuverlässig Investitionen vorbereiten und vornehmen. Ich fand den aktuellen Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes in der Hinsicht absolut nicht verkehrt.


    Um aber wieder zur lokalen/regionalen Energieinfrastruktur zurückzukehren: In der kürzlich diskutierten Beschlussvorlage der Verwaltung zum Ausbau der EE in Ulm ging es in einem Exkurs auch um Agri-PV. Ich zitiere:

    Zitat

    Agri-PV-Anlagen sind in aufgeständerte und senkrecht verlaufende Modulreihen zu unterscheiden. Aufgeständerte Agri-PV-Anlagen werden häufig als Pilotanlangen für Forschungszwecke errichtet. Für die Aufständerung der Solarmodule in mehr als 5 Meter Höhe sind die Investitionskosten im Vergleich zur konventionellen PV bis zu 30 % höher. Ein wirtschaftliches Geschäftsmodell ist im Rahmen des aktuellen Förderregimes für Solarstrom gegenwärtig nicht gegeben. Bei senkrechten Agri-PV-Anlagen liegt der Flächenbedarf im Vergleich zu „konventionellen“ Freiflächen-PV-Anlagen ca. bei Faktor 3. Dementsprechend geringer fallen energetische Flächeneffizienz und Wirtschaftlichkeit aus. Da Agri-PV-Anlagen derzeit nur mit umfangreichen Förderungen realisierbar sind, können diese derzeit nicht wirtschaftlich realisiert und betrieben werden

    Einen Faktor 1,3 bei den Kosten aufgeständerter Agri-PV-Anlagen gegenüber herkömmlichen Freiflächen-PV-Anlagen finde ich nicht unüberwindbar. Mal schauen, wo die Reise in Forschung und Entwicklung in den nächsten Jahren hingeht und wie die Zahlen sich entwickeln. Baden-Württemberg fördert einige Versuchsvorhaben zum Thema. Mit einer erwartbar zunehmenden Zahl von Extremwetterereignissen, die sich sicherlich auch in den Bewertungen der Versicherungen niederschlagen werden, könnte die Wirtschaftlichkeit in einigen Jahren schon anders aussehen...

  • Sehr kluge Worte, Finn, da habe ich sehr viel aus dem Text mitgenommen. Zur FreiflächenPV: Im Obstanbau hat Agri-PV durchaus Potential. Aber selbst da zeigt sich bisher ein sehr uneinheitliches Bild, ob nun die Erträge vergleichbar gut bleiben oder eben nicht. Davon wird denke ich entscheidend alles abhängen. Am effizientesten ist und bleibt aber weiterhin bestehende Dachflächen mit Solarpanelen auszustatten. Eventuell reicht das bereits an Energieproduktion. Es gibt ja jetzt bereits Stimmen, die den Solarausbau einbremsen wollen, weil im Sommer der Bedarf absehbar überkompensiert wird. Ich bin also gespannt, ob nicht irgendwann die Speicherung eine Begrenzung des Zubaus bedingen wird.

  • Es gibt ja jetzt bereits Stimmen, die den Solarausbau einbremsen wollen, weil im Sommer der Bedarf absehbar überkompensiert wird. Ich bin also gespannt, ob nicht irgendwann die Speicherung eine Begrenzung des Zubaus bedingen wird.

    ... und wieder ein Indiz dafür, dass Wasserstoffantriebe trotz ihrer unbestritten geringeren Effizienz vielleicht doch nicht komplett unsinnig sind, weil man genau solche Lastspitzen oder Überproduktion eben zur "kostenlosen" H2-Erzeugung nutzen könnte, statt Potential verpuffen zu lassen?

  • ... und wieder ein Indiz dafür, dass Wasserstoffantriebe trotz ihrer unbestritten geringeren Effizienz vielleicht doch nicht komplett unsinnig sind, weil man genau solche Lastspitzen oder Überproduktion eben zur "kostenlosen" H2-Erzeugung nutzen könnte, statt Potential verpuffen zu lassen?

    Wasserstoff produzieren ist sicherlich nicht unsinnig, ihn dann aber für den Antrieb zu nutzen tendenziell eher schon. Unsere Industrie wird jedes Bisschen Wasserstoff wahrscheinlich brauchen, sei es für Stahl, aber vor allem auch in der Chemie. Große Schiffe und Flugzeuge brauchen Wasserstoff, wenn Du solche Antriebe meinst, dann stimme ich zu.