Das hat gar nix mit Konspiration zu tun, sondern hat einfache Mechanismen zur Grundlage. Die Baubranche ist ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor. Mehr als 10% des BIPs gehen allein da rein, wichtig also für Wirtschaft und Politik, dass es da rund läuft. Gleichzeitig gibt es eine Klimadebatte, die eigentlich die erheblichen Umweltprobleme der Baubranche fokussieren müsste, vielleicht sogar den Neubau in sich gefährdet. Die Politik braucht Erfolge, in Unserem Wirtschaftssystem heißt das Wachstum. Was liegt also näher als dass solche Grundbedingungen dazu führen, dass die Politik auch verfehlte Politik auf ,,zu starkes Wachstum" schiebt, dass die Baubranche ständig bemängelt, es wird zu wenig gebaut, und die Verfahren dauern zu lange, und dass die Medien diese ganzen Aussagen relativ unhinterfragt übernehmen, weil zum einen das Regionalsegment journalistisch ausgehungert ist, genaue Erhebungen fehlen, aber auch, weil es Anreize gibt jetzt nicht alles in Grund und Boden zu kritisieren auf Lokalebene.
Du hast natürlich recht, und damit hast Du es natürlich auch sehr leicht hier die Zahlen anzugreifen, denn eine generalisierende Aussage ist unglaublich schwierig, zu komplex sind die verschiedenen Wechselwirkungen, zwischen Zuzug, Anmeldungen von Wohnsitzen, Erfassung von Wohnraum usw.
Aber man sollte schon auch zugestehen, dass es Indizien gibt, die meine These wahrscheinlich machen. Nicht nur die, dass die durchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner steigt. Auch gibt es Zahlen aus anderen Bundesländern, die besagen, dass in den letzten 30 Jahren mehr als 50% des gesamten Immobilienbestandes in den Städten und Großstädten neu gebaut wurde. Das sind zwar Ostbundesländer, die nach der Wende natürlich nochmal einen deutlich heftigeren Wandel durchlebt haben, aber schon allein wenn man den Flächenverbrauch sich anschaut, kann es auch in Ulm nicht so viel weniger sein. Wo sind denn in Ostdeutschland 50% der Bevölkerung neu dazugewachsen frage ich mich? Es gibt auch noch mehr Zahlen, die weiter dem Bild eines Immobilienneubaumangels Risse versetzen, ich möchte nur nicht hier anstrengend zu lesende 50 Zeiler verfassen, aber ich setze gerne diese Debatte fort mit den entsprechenden Zahlen.
Die Nachfrage nach Wohnraum hat sich verschoben. Vor Covid drängte es die Menschen in die Städte und das Land verödete. Seit Corona gibt es eine leichte Verschiebung weil es dank HomeOffice egal ist, wo man wohnt (Arbeitsweg). Wieviel Wohnraum wurde denn abgerissen, also ersetzt?