Die UWS hat die Grundstücke Söflinger Straße 120 und 124 an der Ecke Kässbohrer Straße erworben und will dort (überwiegend) sozialen Wohnungbau realisieren. Der Netto-Markt, der den Großteil der zu überbauenden Grundstücke einnimmt, soll dabei als Nahversorger erhalten bleiben.
ss+(2016-04-05+at+02.58.35).png
(Quelle: Stadt Ulm; Hinweis: die UWS plant nur auf den hier mit "120" und "124" markierten Grundstücken (plus zugehörigen Parkierungsflächen) innerhalb des geplanten neuen Mischgebiets unter neuem Bebauungsplan)
Das Problem hier ist, dass der Betreiber des "bordellartigen Gewerbebetriebs" in der benachbarten Kässbohrer Straße 9 fast zeitgleich einen Antrag auf Nutzungsänderung gestellt hat, um seinen Betrieb von sechs auf 22 Zimmer zu erweitern. Darauf hat man bei der Stadt aus verschiedenen sehr guten Gründen keinen Bock, wie man bei der Bürgerinfo nachlesen kann. Deswegen will die Stadt zunächst mal einen neuen Bebauungsplan für das Gebiet aufstellen, der die bisher gültigen aus den Jahren 1907, 1911 und 1923 ablösen soll, nach deren Bestimmungen man keine Handhabe gegen dieses Vorhaben hätte. Die Verwaltung schreibt dazu:
ZitatBordelle bzw. bordellartige Betriebe stellen nach einschlägiger Rechtsprechung zwar keine Vergnügungsstätten dar und werden planungsrechtlich als Gewerbebetriebe eigener Art qualifiziert, sind diesen jedoch hinsichtlich ihres Störpotentials vergleichbar und unterliegen damit grundsätzlich auch einer vergleichbaren städtebaulichen Bewertung. Es ist offenkundig, dass eine Ausweitung der bestehenden Vergnügungsstätten und des bordellartigen Betriebes insbesondere im Hinblick auf Betriebszeiten, Verkehrsbelastung vor allem in den Nachtstunden und an Wochenenden, milieubedingte Unruhe (häufig stark alkoholisierte Besucher, Belästigung von Passanten) und zu erwartende Trading-Down-Effekte mit dem Sanierungsziel einer verstärkten Wohnnutzung und der Aufwertung des Umfeldes unvereinbar ist. Solche Vorhaben würden die Durchführung der Sanierung wesentlich erschweren oder diese gar unmöglich machen. Ergebnis dieser Entwicklungen sind letzten Endes städtebaulich-funktionale Missstände mit negativer Ausstrahlung auf das gesamte Quartier.
Finde ich nachvollziehbar.
Die Gegend ist auch abgesehen vom Puff in der Kässbohrer Straße ein ziemliches Gerümpel. Hatte zwar so seinen ranzigen Charme, den ich in den 90ern immer mit der Weststadt verbunden habe , aber es wird wohl Zeit für Neues, und dem Sozialgefüge im Quartier kann es nur guttun. Insofern vollkommen okay, dass die Stadt jetzt ihre bauplanungsrechtlichen Daumenschrauben aus dem Arsenal holt. Freut mich auch, dass es die UWS ist, die hier Wohnraum schaffen will. Das Gelände ist einigermaßen riesig; wenn man eine Blockrandbebauung annimmt, wie sie sie in der Weststadt üblich ist, dann kann hier sehr viel Wohnraum geschaffen werden. Herausfordernd wird natürlich sein, den Discounter, seine Anlieferung und die von ihm benötigten Parkierungsflächen geschickt unterzubringen und für etwas Auflockerung (kleiner Platz mit größerem Baum an der Straßenecke?) zu sorgen.
Aus dem Vorhaben lese ich auch heraus -- und hoffentlich nicht zu viel hinein --, dass die Stadt in dieser Ecke Dampf machen will. Natürlich müssen und sollen die (sauberen und nicht-störenden) Kleinbetriebe im Block bleiben können, wenn sie wollen; aber in diesem Block zwischen Söflinger Straße, Scheffoltgasse, Bauhoferstraße/SWU-Betriebshof und Kässbohrerstraße ist viel Potential für Wohnungsbau in fast unmittelbarer Nähe an einer Straßenbahnhaltestelle, wie städtebaupolitisch eben erwünscht.