Radweginfrastruktur in Ulm, Neu-Ulm und der Region

  • Ich denke, es wird so langsam Zeit für einen eigenen Gesprächsfaden zu diesem Thema.


    Anlass dafür sei mir, dass der Fachbereichsausschuss Stadtentwicklung, Bau und Umwelt der Stadt Ulm bei seiner morgigen Sitzung den Umbau der Münchner Straße beraten soll. Vorgeschlagen werden soll, dass in jede Fahrtrichtung je eine Spur zu einem Radweg umgewidmet werden soll. Die Maßnahmen schließen auch Umarbeitungen der beiden Knotenpunkte an der Gänstorbrücke und am Willy-Brandt-Platz mit ein. Ein Verkehrsgutachten soll attestieren, dass das bis 2030 steigende MIV-Verkehrsaufkommen trotz des Rückbaus abgewickelt werden könne, wobei an einigen Stellen Maßnahmen notwendig würden, um die notwendigen Aufstellflächen herstellen zu können. Auch soll der gesamte Belag der Straße erneuert werden, um frische Markierungen aufbringen zu können.


    Beispielhaft der Entwurf für den Knotenpunkt Willy-Brandt-Platz:

    (Quelle: Stadt Ulm)


    Ich kann mir vorstellen, dass der Vorschlag morgen kontrovers diskutiert wird.

  • Ich halte das für etwas zu ambitioniert. Die Münchner Straße mit der Olgastraße, Bahnhofsplatz stellen die Innenstadtumfahrung dar mit Zugang zu fast allen Parkhäusern. Auch die Karlstraße wurde schon so umgebaut, dass diese keine Hauptumfahrung mehr darstellt. Man kann doch nicht die gesamte Talsohle diesseitig der Donau verkehrsberuhigen? Ohne den Ringverkehr wird eine autofreie Innenstadt unmöglich in meinen Augen. Die Idee scheint daher zu kommen, dass man die Radfahrer aus den Fußgängerzonen raus halten will, oder täuscht die Diskussion um die Erweiterung der Fußgängerzonen, in denen es sich viel ums Fahrrad dreht?

  • Da es nun dank Finn einen Thread gibt über die Fahrradinfrastruktur, wäre es denke ich angebracht einen entsprechenden Überblick zu bieten, der über das meist recht individuelle Wissen über einen Radweg hinausgeht.

    Beginne ich mit dem großen Bild:

    Ulm ist auf europäischer Ebene direkt gelegen an der EV6 (EuroVelo), auch bekannt als Atlantik - Schwarzes Meer Verbindung. Diese Fahrradstrecken wurden quer durch Europa gelegt, ähnlich den europäischen Schienenkorridoren, freilich von eindeutig geringerer Bedeutung. Deutschland hat als Transitland insgesamt 10 dieser Routen, jedoch hier im Süden Deutschlands ist das durchaus etwas, weder Stuttgart noch München können sich damit schmücken. Da es sich jedoch erst um eine relativ neue Idee handelt (+15 Jahre etwa ;) ), das strategisch zum Projekt TEN-T der EU dazustoßen kann und erst dann Förderung erhält, handelt es sich bei der Route bisher vorrangig um den Donauradweg.

    Dann gibt es auf Landesebene die Radfernwege, hier wäre zu nennen der Alb-Donau- und der Alb-Neckar-Radweg, der Donau-Bodensee-Radweg, der Hohenlohe-Ostalb-Weg, und der Illertal-Radweg.

    Auf interkommunaler Ebene gibt es neben den vielen kleinen Radwegen die Vision eines Radschnellwegenetzes, das im Forum bereits zu finden ist:


    Wer einen grafischen Überblick erhalten möchte, dem empfehle ich diese Karte: http://www.opencyclemap.org/

  • Die EuroVelo-Netze waren mir bis dato völlig unbekannt. Natürlich sind diese Verbindungen gegenüber den anderen transeuropäischen Netzen wirtschaftlich und auch verkehrlich absolut nachrangig. Spannend würde es dann werden, wenn sich aus der Einstufung ein gesetzlicher Qualitätssicherungsstandard ableiten lassen würde - der Donauradweg ist stellenweise schon arg mau ausgebaut und ausgestattet. Man denke zum Beispiel an die supoptimale Führung in Blaustein, speziell in Klingenstein.

  • Spannend würde es dann werden, wenn sich aus der Einstufung ein gesetzlicher Qualitätssicherungsstandard ableiten lassen würde - der Donauradweg ist stellenweise schon arg mau ausgebaut und ausgestattet.

    Ja, sowas müsste eigentlich automatisch kommen mit den Förderrichtlinien der EU. Ziel ist z.B. auch von TEN-T eine Vernetzung zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern. Auch gibt es von anderen europäischen Radwegen, die zwischen einzelnen Nationalstaaten beschlossen wurden, bereits Erfahrungen, was zu so einem Gestaltungsumfang gehören kann; z.B. Rastplätze entlang der Strecke.

  • vorausgesetzt man empfindet Zeug wie 'Großstadtflair' und 'Häuserschluchten' als etwas Positives und Erstrebenswertes was durchaus Geschmackssache ist

    Hauptsache groß und monumental. Über Kleinigkeiten wie Kosten und die nicht sichtbare Infrastruktur kann man hinwegsehen, nicht so wichtig. *Ironie off*

  • Etwas schwer tut sich die Stadt Ulm mit der Einrichtung eines Radweges an der Theaterkreuzung:

    Der Bürgersteig vor dem "Hotel Bärengärtle" ist an dieser Stelle für einen Rad- unf Fußweg zu schmal. Jetzt soll auf Beschluß des Gemeinderates der Radweg auf der Olgastraße entlanggeführt werden. Artikel war in der SWP, leider finde ich den nicht mehr.

    Mein Fazit: Die schlechteste und gefährlichste aller Lösungen für Radfahrer.

    Persönlich bin ich da öfters mit dem Radl unterwegs, nutze aber lieber die Keltergasse entgegen der erlaubten Fahrtrichtung. Ist zwar verboten, weil entgegen der Einbahnstraße, aber trotzdem sicherer.

    Möglichkeit wäre sicher die Einrichtung eines Radwegs dort, die Keltergasse wäre breit genug dafür, ähnlich wie in der

    Herdbruckerstraße.

  • Ich packe es mal hier rein, weil es auch beim ISEK als wichtiger Verbesserungswunsch vorgetragen wurde und nun realisiert wurde:

    Die Fahrradwegverbindung neben dem Bahndamm nach Gerlenhofen wurde mit einem neuen Belag versehen:

    https://www.augsburger-allgeme…fortabler-id60271311.html


    Die geradlinige Streckenführung hätte sie in meinen Augen auch als Kandidaten für das Schnellradwegenetz erkoren, aber bleibt ja weiterhin nur ein visionäres Konzept, insofern ist diese Verbesserung hier sicherlich zu begrüßen.

    Moin, ganz interessant finde ich im Zusammenhang mit Schnellradwegenetzen diese Velo Highways.

    Ich bin gespannt wann es da die ersten Strecken im Regelbetrieb geben wird, in BaWü hat man sich die Umsetzung vorgenommen, allerdings zieht sich alles mal wieder seeeehr lange hin...

    Viele Grüße


    RT




    Der Bauende soll nicht herumtasten und versuchen. Was stehenbleiben soll, muss recht stehen und wo nicht für die Ewigkeit doch für geraume Zeit genügen. Man mag doch immer Fehler begehen, bauen darf man keine.

    J-W Goethe

  • Ich hatte das -glaube ich - schon mal gepostet, eine Hochbrücke für den Radverkehr über die Bahngleise. Auf Höhe Pfuhl gehts los über ZOb Neu-Ulm, HBF, bei Ikea ein großer Kreusverkehr. Von dort Richtung Stuttgarter Str, bzw. Bis Söflinger Bahnhof.


    Auch könnte man bei Ulm Ost bis zur Messe auch eine Verbindung bauen.

  • Ich könnte mir eine solche Lösung in Ulm/Neu-Ulm ganz gut abschnittsweise vorstellen für Achsen mit viel Durchsatz vorstellen, die auf Ebene 0 von anderen Verkehrswegen oder Naturhindernissen zerschnitten werden - nur nicht unbedingt flächendeckend. Aufgeständerte Verkehrswege haben auch Nachteile, und auch psychologisch finde ich es eigentlich wichtig, Radfahrer (und Fußgänger) auf Ebene 0 im Straßenraum zu halten. Stichwort: Wem gehört die Stadt?


    Unabhängig davon finde ich die Kombination mit PV-Flächen ganz charmant. Das hat mich am Wochenende zur Frage gebracht, wieso nicht eigentlich alle Lärmschutzwände und -dämme mit solchen Flächen ausgerüstet werden. Ich denke da beispielsweise an die ausgebaute BAB8 im Bereich Ulm-Nord. Oftmals hat man da durchaus auch noch Spiel, um anstelle einer vertikalen Aufstellung noch einen günstigen Winkel einzustellen. Würde mit mehr oder weniger Flächenverbrauch Null zu Buche schlagen...

  • Moin, ganz interessant finde ich im Zusammenhang mit Schnellradwegenetzen diese Velo Highways.

    Ich bin gespannt wann es da die ersten Strecken im Regelbetrieb geben wird, in BaWü hat man sich die Umsetzung vorgenommen, allerdings zieht sich alles mal wieder seeeehr lange hin...

    Ich weiß, es ist immer leichter Ideen zu zerdenken, als neue zu entwickeln, die Probleme lösen. Aber gerade bei den Verkehrsmitteln, die nicht Auto oder LKW heißen, erscheinen mir diese ständige Aneinanderreihung ganz neuer ,,innovativer" Ideen einzig den Zweck zu erfüllen im großen und ganzen gar nichts zu tun. Der Autoindustrie ist diese Methodik ja auch bekannt. Wie viele Konzeptstudien und Antriebsversuche mit entsprechenden Versprechungen hat es zwischen 1995 und 2015 gegeben? Jetzt wo der Wandel gewollt war hat man es ganz anders gemacht, das ist merklich anders, wie da nun agiert wird im Vergleich.


    Konkret jedoch hier zum Vorschlag. Zum einen stimme ich Finn zu, wenn es nicht topographisch vorgegeben ist (idealerweise eine Hochtrasse/Bücke die ein runter und rauf ebenerdig überbrückt z.B.) schadet es sogar eher der Nutzung des Fahrrads. Ich denke da auch gerne an Bahnhöfe. Deren Unter- und Überquerungen sind eigentlich streng genommen nicht ideal im Vergleich zum ebenerdigen Zugang. So verkommt indirekt der Zug zu einem Verkehrsmittel, das unbequem ist. Stichworte hier sind auch Wetterschutz, Gepäckservice, Verlässlichkeit. Eine Verkehrsinfrastruktur muss - muss- möglichst bequem nutzbar sein, da gewinnt die Straße direkt vor der Tür eh schon relativ einfach. Es hinterfragt auch niemand, warum es für ein öffentliches Verkehrsmittel Studien braucht, eine Straße aber ganz selbstverständlich ohne Studie die Erschließung bewerkstelligt. Das bleibt also erstmal so aus verschiedenen Gründen. Entsprechend wichtig ist, dass das Fahrrad einen möglichst großen Teil der Verkehrsflächen in Städten erhält. U.a. auch durch diesen Effekt, Fahrrad: Eigenenergie, Auto: Fremdenergie. Das ist politisch auch irgendwie gewollt zum ungleichen Vorteil der großen Autos, so gibt es z.B. bei uns kaum in irgendeiner Art und Weise Elektrorollerförderung (<-> Pedelecs).


    Solche ständigen vermeintlichen Innovationen sind auch daher Nebelkerzen, weil schon kleinere Realitätsabgleiche Fragen aufwerfen, die den gesetzten Zielen nicht gerecht werden können: Was passiert im Winter mit dem Räumen da oben, wie sieht es unter den Trassen aus, wie sieht ein Infrastrukturausbau (Fahrbahnverbreiterung) aus, wie schafft man es, dass ausgerechnet Holz die extremen Belastungen dauerhaft (das wäre nötig für einen Umweltvorteil) standhält, ist man auf einer Hochtrasse stärker den Wetterextremen ausgesetzt, und warum sollte es systembedingt sinnvoll sein relativ wenige punktuelle Abfahrten zu haben?

  • Ich weiß, es ist immer leichter Ideen zu zerdenken, als neue zu entwickeln, die Probleme lösen. Aber gerade bei den Verkehrsmitteln, die nicht Auto oder LKW heißen, erscheinen mir diese ständige Aneinanderreihung ganz neuer ,,innovativer" Ideen einzig den Zweck zu erfüllen im großen und ganzen gar nichts zu tun. Der Autoindustrie ist diese Methodik ja auch bekannt. Wie viele Konzeptstudien und Antriebsversuche mit entsprechenden Versprechungen hat es zwischen 1995 und 2015 gegeben? Jetzt wo der Wandel gewollt war hat man es ganz anders gemacht, das ist merklich anders, wie da nun agiert wird im Vergleich.


    Konkret jedoch hier zum Vorschlag. Zum einen stimme ich Finn zu, wenn es nicht topographisch vorgegeben ist (idealerweise eine Hochtrasse/Bücke die ein runter und rauf ebenerdig überbrückt z.B.) schadet es sogar eher der Nutzung des Fahrrads. Ich denke da auch gerne an Bahnhöfe. Deren Unter- und Überquerungen sind eigentlich streng genommen nicht ideal im Vergleich zum ebenerdigen Zugang. So verkommt indirekt der Zug zu einem Verkehrsmittel, das unbequem ist. Stichworte hier sind auch Wetterschutz, Gepäckservice, Verlässlichkeit. Eine Verkehrsinfrastruktur muss - muss- möglichst bequem nutzbar sein, da gewinnt die Straße direkt vor der Tür eh schon relativ einfach. Es hinterfragt auch niemand, warum es für ein öffentliches Verkehrsmittel Studien braucht, eine Straße aber ganz selbstverständlich ohne Studie die Erschließung bewerkstelligt. Das bleibt also erstmal so aus verschiedenen Gründen. Entsprechend wichtig ist, dass das Fahrrad einen möglichst großen Teil der Verkehrsflächen in Städten erhält. U.a. auch durch diesen Effekt, Fahrrad: Eigenenergie, Auto: Fremdenergie. Das ist politisch auch irgendwie gewollt zum ungleichen Vorteil der großen Autos, so gibt es z.B. bei uns kaum in irgendeiner Art und Weise Elektrorollerförderung (<-> Pedelecs).


    Solche ständigen vermeintlichen Innovationen sind auch daher Nebelkerzen, weil schon kleinere Realitätsabgleiche Fragen aufwerfen, die den gesetzten Zielen nicht gerecht werden können: Was passiert im Winter mit dem Räumen da oben, wie sieht es unter den Trassen aus, wie sieht ein Infrastrukturausbau (Fahrbahnverbreiterung) aus, wie schafft man es, dass ausgerechnet Holz die extremen Belastungen dauerhaft (das wäre nötig für einen Umweltvorteil) standhält, ist man auf einer Hochtrasse stärker den Wetterextremen ausgesetzt, und warum sollte es systembedingt sinnvoll sein relativ wenige punktuelle Abfahrten zu haben?

    Hmm, interessante Sichtweise, habe ich so ehrlich gesagt noch nicht betrachtet, vermutlich weil ich mangels tauglicher Strecke (Entfernung in Verbindung mit Topographie) nicht mit dem Rad pendeln kann. (Mangels ÖPNV- Verbindung auch nicht Rad in Verbindung mit Zug)


    Ich habe aber einige Zeit im Norden gelebt und dort zwar einen PKW besessen aber faktisch immer Rad und Öffis genutzt einfach weil die Infrastruktur sehr gut ausgebaut war.


    Ich persönlich könnte mir allerdings vorstellen, meinen Arbeitsweg auf einem "isolierten" Radschnellweg zu bewerkstelligen wenn dadurch Stops durch Querungen anderer Verkehrsmittel vermieden bzw. auch Höhenunterschiede einigermaßen bequem überwunden werden könnten.

    Viele Grüße


    RT




    Der Bauende soll nicht herumtasten und versuchen. Was stehenbleiben soll, muss recht stehen und wo nicht für die Ewigkeit doch für geraume Zeit genügen. Man mag doch immer Fehler begehen, bauen darf man keine.

    J-W Goethe

  • Wo Radfahren in Ulm ein Problem ist [SWP+]

    Zitat

    Eigentlich, sagt Nicolai Jürgens, sei Ulm die perfekte Fahrradstadt. „Innerhalb eines Zehn-Kilometer-Radius liegt alles, was man erreichen muss.“ Auf kurzen Strecken, erst recht in der Innenstadt, sei das Rad gegenüber dem Auto konkurrenzfähig, oft sogar schneller. Tatsächlich aber sei Ulm alles andere als eine perfekte Fahrradstadt. Das Auto hat Vorfahrt, Radler haben das Nachsehen, meint der Initiator des Fuß- und Radentscheids Ulm. „Der Verkehrsfluss ist offensichtlich wichtiger als die Sicherheit der Radler.“ Eine Tour zu ein paar neuralgischen Stellen.

  • Sieht man leider auch wieder am Bahnhofsplatz. Die Radwege wurden m. M. n. bei der Planung komplett vergessen, weswegen die jetzt auf die Fußgängerflächen ausweichen mussten. Die Einfahrt zum Parkhaus Deutschhaus muss komplett überarbeitet werden. Oder sehe ich das falsch und es war von Anfang an so geplant?